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die Mauern nicht lange Widerstand leisteten. Aber die wenigen
deutschen Landsknechte der Festung vertheidigten sich tapfer. Als
Bresche geschossen war, ergab sich die Besatzung und Michael Bürckel
wurde Sonntag den 28. Mai in Straßburg mit dem Schwerte
hingerichtet. Karl von Lothringen und seine Anhänger erhoben nicht
geringe Beschwerde darüber, daß man den treuen Hauptmann des
Bisthums in widerrechtlicher Weise und, wie behauptet wurde, trotz
des gegebenen Versprechens des freien Abzugs ermordet hätte. Mit
solchen schweren Anklagen wurde der Streit der Parteien vor den
Richterstuhl der Geschichte gezogen und man bemerkte in den öffent-
lichen Erklärungen und Schriften des Elsaß schon das Wetterleuchten
des Hasses, der nachher im großen Kriege das ganze deutsche Reich
erschütterte.
Zunächst aber waren die Straßburger überall siegreich, sie nahmen
Dachstein und Geipolsheim für den protestantischen Bischof in Be-
sitz und würden Zabern, den Hauptsitz der katholischen Domherrn
angegriffen haben, wenn nicht der Kaiser den Erzherzog Ferdinand
von Tirol mit dem Schutze der Stadt beauftragt hätte und es doch
allzu gefährlich gewesen wäre, auch mit der österreichischen Macht in
Conflict zu gerathen.
Inzwischen waren die langersehnten lothringischen Schaaren
herbeigekommen, während die protestantischen Fürsten Deutschlands
mit der Hilfe zögerten und alles von ihren diplomatischen Unter-
handlungen mit Heinrich IV. von Frankreich erwarteten. Auch die
Straßburger wendeten sich an Heinrich IV., bekamen aber nur gute
Worte und Versprechungen, denn der König war noch im eignen
Lande nicht vollständig Herr und mußte froh sein, daß die Lothringer
nicht Zeit hatten, seinen Gegnern in Paris die Hand zu reichen.
Herzog Karl von Lothringen war selbst nach dem Elsaß gekom-
men. Mit der gewöhnlichen Eile suchte das Landvolk Schutz hinter
den Mauern von Straßburg. Zu Schaffoltsheim kam es am
24. Juni zu einem größeren Kampfe zwischen den Straßburgern
und Lothringern. Unter den schwarzweißen Fahnen des hohen-