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innerhalb des Domcpitels zu beseitigen, indem sie die Mitglieder
desselben nur nach genauer Prüfung ihrer Gesinnungen wählten.
Schon vor dem Tede des Cardinals von Lothringen hatten
die katholischen Domherrn in Verbindung mit den Jesuiten von
Molsheim alle Aufmerksamkeit der Nachfolgefrage zugewendet. Der
Cardinal von Lothringen selbst hätte das reiche Bisthum am liebsten
seinem Vetter dem Grafen von Vaudemont zugewandt, aber viel
mehr Gründe waren für eine Verbindung mit dem österreichischen
Hause, von welchem die steirische Linie mindestens ebenso starke
Garantien tüchtiger Katholicität gab, als die lothringische Familie,
und dabei im Elsaß mächtiger und gebietender war, als diese. Der
zweite Sohn jenes Karl von Steiermark und der staatsklugen Marie
von Baiern, Leopold, war zum geistlichen Stande bestimmt und
schen im Jahre 1599 durch den Einfluß des kaiserlichen Raths
Dr. Corraduz zum Domherrn in Straßburg erwählt. Er war zu-
gleich Bischof von Passan und vereinigte mit diesem Bisthum den
Straßburger Sitz, als ihn die Wahl der Domherrn nach Cardinal
Karls Tode (24. November 1607) ohne Widerspruch traf. Der
Papst ertheilte auf das bereitwilligste seine Zustimmung dazu. Denn
die Curie wußte sehr wol, welche Anziehungskraft für die mächtigen
Häuser Europas es damals noch hatte, die großen geistlichen Fürsten-
thümer in die Hände der zweitgeborenen Söhne zu bringen. Das
österreichische Haus und besonders der Bruder dieses Leopold, Fer-
dinand II., war es ja, auf den die fortschreitende Bewegung der
römischen Kirche in Deutschland das allergrößte Vertrauen setzte:
sollte der Papst da nicht das materielle Wol der habsburgischen
Familie nach Kräften zu fördern suchen? Zwar hatte der habs-
burgische Prinz gleich seinem brandenburgischen Vorgänger weder
canonisches Alter, noch geistliche Weihen, und mußte sich gleichfalls
mit dem Titel eines Administrators begnügen, aber wie völlig ver-
ändert war der Gang der Dinge im Elsaß, seit die bischäöfliche
Gewalt von Straßburg mit den landgräflichen und reichsvogteilichen
Rechten im habsburgischen Hause vereinigt war. Führte auch Erz-
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