Full text: Geschichte des Elsasses von den ältesten Zeiten bis auf die Gegenwart.

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Vergegenwärtigung leidenschaftlich bewegter Handlung fordere. Und 
dieses eine hat er stets geleistet. Brülow versteht es nicht, ein regel- 
rechtes ganzes Drama zu componiren, aber er versteht wie wenige 
den Bau der einzelnen Scene, diesen Theil der dramatischen Technik 
hat er mit wahrer Meisterschaft gehandhabt. 
Zuweilen gelingt ihm auch eine Folge von Scenen, ja ein 
ganzer Act so, daß er kaum besser gedacht werden könnte. Den 
ersten Act des Elias z. B. eröffnet er mit einer weihevollen ernsten 
Stimmung; lange Reden voll Sentenzen, gleichsam langgezogene 
feierliche Accorde bilren den Eingang: wir sehen die Wittwe von 
Sarepta, wir sehen die Krankheit, den Tod, die Wiedererweckung 
ihres Sohnes durch Elias. Wie dann Jesabel auftritt und, indem 
sie einem Boten den Auftrag ertheilt, Elias zu suchen, sofort ihren 
ganzen Charakter enthüllt, ihren glühenden Haß gegen den Propheten, 
ihren Fanatiemus, ihre wilde Energie, ihre Herrschsucht, ihr Selbst- 
gefühl und Machtbewußtsein — sie ist der wahre König, Achab muß 
durch sie gedrängt werden —; und wie alle diese Eigenschaften sich 
vor uns nachher im einzelnen entwickeln, wie sie bald ihren Mann 
aufstachelt, bald den Propheten Michaeas bedroht, bald mit ihren 
Kindern zum Baal betet, bald mit dem Gäötzenpriester Ananias sich 
den glückseligen Zustand Israels ausmalt, den Baals Verehrung 
heraufführen werde — wie dann Elias zuerst dem König und Ana- 
nias entgegentritt und den Baalscultus mit den schärfsten Worten 
bekämpft, und wie Jesabel hinzukommt, zitternd vor Aufregung, als 
sie Elias erblickt, wüthend, daß hier noch discutirt werde, daß Elias 
nicht sofort bestraft sei; wie sie ihn mit Schmähungen überschüttet, 
er seinerseits aber nichts zurückhält, bis er mit Gewalt entfernt wird 
(womit der Act schließt): darin ist eine solche Steigerung, ein solches 
Wachsen und Anschwellen, eine solche innere gewaltige Nothwendig- 
keit, daß man selbst bei diesem ganz bekannten Stoff sich eines 
großen Eindrucks nicht erwehren kann. 
Brülows glänzende, wenn auch oft sehr kalte, künstliche und 
allzu äußerlich rhetorische Technik lernt man am meisten würdigen,
	        
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