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romanisirenden Tendenzen kehrt das Elsaß, wie wir sehen werden,
die eigensinnigste Deutschheit heraus. Die Schule Opitzens hat hier
keinen Boden; die Straßburger „aufrichtige Tannengesellschaft“
(gestiftet 1633) fristete nur wenige Jahre ein unfruchtbares Leben;
die Gedichte eines Mathias Schneuber, eines Jesaias Rompler von
Löwenhalt waren der Mit- und Nachwelt sehr gleichgiltig; die Me-
lodien eines Valentin Strobel sind verklungen.
Aber noch heute lesen wir mit Vergnügen die Satiren des
Moscherosch als das vornehmste Spiegelbild des inneren Lebens jener
Jahre; noch heute kann niemand die lateinischen Gedichte des in
Ensisheim geborenen, aber in Baiern wirkenden Jesuiten Jacob
Balde (1604—1668) ohne Bewunderung für seine nur zu reiche
Phantasie und seine nur zu große, in Virtuosenstückchen schwelgende
Kunstfertigkeit aus der Hand legen; noch heute benutzt der Gelehrte
dankbar das Theatrum Europaeum und andere historische Werke
des Straßburgers J. Ph. Abelin; und wenigstens unter den Zeit-
genossen war der Straßburger Geschichtsprofessor Mathias Bernegger
aus Hall in Oesterreich (1582—1640) als vielseitiger Gelehrter, als
Philologe, Mathematiker und Staatsrechtslehrer weithin angesehen.
Er stand mit Hugo Grotius und Keppler in Briefwechsel und trug
dazu bei, Galilei in Deutschland bekannt zu machen: es charakterisirt
die politische Stellung Straßburgs, wenn wir finden, daß Bernegger
1633 in öffentlicher Trauerrede Gustav Adolf feiert und ein Jahr
früher im Auftrage des Magistrats eine Lobrede auf Ludwig XIII.
von Frankreich hält, um ihn als Hort der deutschen Freiheit zu preisen.
Wir greifen hier nur Moscherosch zu näherer Betrachtung heraus.
Er ist mit seinen realistischen Zeitbildern vergleichsweise ein volks-
thümlicher Schriftsteller. Und merkwürdig trifft es sich, daß der
Mann, der seine Richtung fortsetzt und im Simplicissimus (1669)
daß der Katholik- Hans Jacob Christoph von Grimmelshausen aus
Gelnhausen — zwar nicht dem Elsaß angehörte, aber doch in nächster