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In diese ehrwürdige Versammlung nun wird Philander vorge-
fordert und soll sich verantworten, ob er ein Deutscher sei. „Er
nenne sich ja Philander — fährt ihn Ariovist an — Haben denn
die deutschen Namen nicht Lusts und Zierde genug, um euch zu
nennen? Was habt ihr denn für Treu in eurem Herzen gegen euer
Vaterland? Wählt ihr wälsche Namen und bedenket nicht, daß durch
wälsche Tyrannen, insonderheit den Cäsar, und durch wälsche Untreu
Alles bei euch in Zerrüttung kommen?"“ Man sieht, für Ariovist
fällt Wälsch und Räémisch ganz zusammen.
„Willst du ein Deutscher sein — ruft Herr Deutschmeyer (In-
dutiomarus) den armen Philander an — willst du ein Deutscher
sein mit deinem neuen närischen Hut? Wie viel Gattungen von
Hüten habt ihr in wenig Jahren nicht getragen, bald einen Hut wie
ein Butterfaß, bald wie einen Zuckerhut, bald wie einen Schweizer
Käse, bald mit ellenbreiter, bald mit fingerbreiter Stülpe, bald von
Kameelhaar, bald von Biberhaar? Mit solchen neuen Trachten
halten die Wälschen eure Herzen gefangen und gebunden und lenken
sie wohin sie wollen.“
Ein dritter Held des Alterthums kritisirt Hhilanders nach fran-
zösischer Mode tief in die Stirn herunterhängendes Haar: „Wer sich
seines eigenen Haares schämt, der ist nicht werth, daß er einen Kopf
hat.“ Ein vierter ereifert sich über Philanders gestutzten und ge-
kräuselten Bart. Ein fünfter nimmt Philanders Kleider vor: er
sehe ja aus, als ob er geradeswegs von Paris komme: „Man spüret
wol, daß ihr Verächter eures Vaterlandes seid und dessen Verräther.
Sollte Kaiser Karl der Große, Kaiser Ludwig und Otto deine
à la mode Hosen und Wams sehen, sie würden dich als einen
wälschen Lasterbalg aus dem Lande jagen.“ Ein sechster tadelt
Philanders Sprache, er verdammt die vielen Fremdwörter, mit denen
er die uralte deutsche Heldensprache verunstaltet: „Würde es denn
wol dem Adler geziemen, wenn er sich mit Hahnen-, Raben= und
Kuckukefedern bekleiden und zieren wollte?“
Wittekind endlich liest dem geängstigten Philander für seinehöfischen