Full text: Geschichte des Elsasses von den ältesten Zeiten bis auf die Gegenwart.

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Es liegt keine Spur von einer Handlung vor, durch welche ein 
Einzelner oder eine Behörde der Stadt Straßburg um bestimmten 
Lohn zur Herbeiführung französischer Herrschaft gewirkt hätte. Blickt 
man auf die Stimmung der Bürger, der Bevölkerung im ganzen, 
so wäre nicht der leiseste Wunsch zu entdecken gewesen, unter fran- 
zösische Oberherrlichkeit zu gerathen. Aber nicht der bessere oder 
schlechtere Wille der Bevölkerung, sondern lediglich die Frage war 
maßgebend für Frankreich, ob es sich irgend eines energischen Wider. 
standes zu versehen habe, wenn es die Freiheit der Stadt knicken 
wollte? Es konnte lediglich darauf ankommen, eine hinreichende 
militärische Macht zu versammeln, um der seit Jahrzehnten ge- 
quälten Bürgerschaft zu imponiren. Die Schöffenversammlung war 
durchaus abhängig von der materiellen Lage. Straßburg stand am 
Abgrunde. Seit Jahren hatten die Kriege jeden Expert verhindert; 
die Bevölkerung der Stadt war in Abnahme, die Lebensmittelpreise 
ungemein hoch, die Wechselschulden der Einzelnen wie der Gemeinde 
überstiegen alle Mittel, um in geordnete Bahnen zurückzulenken. 
Dazu muß man dann noch bedenken, daß der Hauptgläubiger von 
Straßburg niemand anders war, als der König von Frankreich, der 
durch seine Wechsel die Wolfahrt der Stadt gleichsam in seiner 
Hand hielt. . 
Nicht zu unterschätzen war endlich ein in Straßburg zwar noch 
schwaches aber rühriges Element, welches wie überall im Elsaß 
unbedingt der französischen Herrschaft huldigte. Das waren die Ka- 
tholiken; an ihrer Spitze der Bischof Egon von Fürstenberg, 
welcher der einzige Straßburger war, von dem man actenmäßig 
nachweisen kann, daß er mit seinen- Brüdern Geld von Frankreich 
erhalten hat. Seit dem 29. April 1680 hatte er sich 60,000 Lirres 
jährlich in Anticipativ-Raten ausbedungen. Und noch eine andere 
sehr merkwürdige Maßregel ersieht man aus den Acten. Convertiten, 
welche sich an den König von Frankreich mit der Mittheilung wen- 
deten, daß sie vom Lutherthum zur römischen Kirche übergetreten 
seien, wurde eine Pension ausgesetzt, und diese zu erreichen machte so
	        
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