Full text: Geschichte des Elsasses von den ältesten Zeiten bis auf die Gegenwart.

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leugnet er die christliche Liebe auch gegenüber seinen Feinden nie, 
Beschuldigungen machen ihn nicht irre, Verleumdungen bringen ihn 
nicht auf, die heftigsten Angriffe besiegt er durch ruhigen Ernst und 
Leduldige Entgegnung. Sein Gleichmuth, seine Selbftbeherrschung 
bleiben unerschütterlich. 
Auch er ist gläubiger Lutheraner. Auch bei ihm fehlt es An- 
fangs nicht an Schroffheiten gegen andere Confessionen. Aber 
mehr und mehr kehren Milde und Duldung ein. Wer in einer 
andern Kirche einen lebendigen durch Werke thätigen Glauben zeigt, 
der gilt ihm als Kind Gottes. Allen Gewissenszwang verwirft er, 
von menschlicher Autorität in Glaubenssachen will er nichts hören. 
Selbst Luther ist ihm nicht unantastbar: der liebe Mann verlange 
ja selbst nicht, daß man seine Schriften apotheofire: neben der 
"„theuren Geisteskraft“ glaubt er darin auch „den Menschen“ zu ent- 
decken. Aber der Geist Luthers ist es, der ihn leitet. Im Geiste 
Luthers macht er wieder Ernst mit dem allgemeinen Priesterthum, 
im Geiste Luthers bekämpft er das neuaufgekommene Standes- 
privilegium, im Geiste Luthers weist er Alle, Alle, auf die Bibel, 
auf dieses unerschöpfliche Bergwerk, aus dem man immer mehr herr- 
liches Erz durch gottseligen Fleiß herausholen und uralte Wahrheiten 
an den Tag bringen könne. 
Und doch finden wir in Spener eine ganz andere Grundstim- 
mung als in Luther. Dort Heiterkeit, hier Trübsinn. Dort Auf- 
schwung, hier Niedergeschlagenheit. Dort Kraft, hier Schwäche. 
Luthers Gott ist ein harter Zuchtmeister, der den Uebermüthigen zur 
Unterwerfung zwingt. Speners Gott ist ein milder Tröster, der 
dem innerlich Gebrochenen einen Stab zur Stütze darbietet. Beide 
wollen den Egoismus bändigen: aber der Egoismus der Zeitgenossen 
Huttens ist der des Glücks, das keine Schranken achtet; der Egois- 
mus der Epigonen des dreißigjährigen Krieges ist der des Elends, 
das sich auf Selbsthilfe angewiesen sieht. 
Wenn langlastende Drangsal die Menschen roh macht und 
verhärtet, so hat andererseits das Unglück auch erweichende und
	        
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