Full text: Geschichte des Elsasses von den ältesten Zeiten bis auf die Gegenwart.

384 
lutherischen Orthodorie. Hartnäckig verschloß man sich gegen den 
Pietismus. Eher gestattete man noch den freisinnigen Auffassungen 
Zutritt. Von dem Professor Pfeffinger wird um 1710 geschrieben: 
„Wenn er nur einige Funken der Frömmigkeit (des Pietismus) sieht, 
sucht er sie zu unterdrücken; in seinen Vorlesungen streut er fast 
den Samen des Naturalismus aus: die Geheimnisse des Glaubens 
kehrt er in Scherz und erklärt, daß es mit der Redlichkeit schon 
genug sei.“ Aber Dr. Fröreisen, der seit 1722 Professer, von 1731 
bis zu seinem Tode 1761 Präsident des Kirchenconventes war, hat 
zeitlebens einerseits gegen die Rationalisten, andererseits gegen die 
Pietisten, speciell gegen Zinzendorf und die Herrenhuter, den wüthendsten. 
Krieg geführt, ohne daß es ihm doch gelingen konnte das Einströmen 
der neuen Ideen gänzlich zu hindern. 
Eine wohlthuendere Gestalt ist sein College Dr. Reuchlin (gest. 
1788), auch ein strenggläubiger Theologe, aber ohne Fanatismus 
und mehr auf praktisches Christenthum Gewicht legend. An ihn 
reihen sich die ausgezeichneten freisinnigen Praktiker Johann Georg 
Stuber, Reuchlins Schwiegersohn und Oberlins Vorgänger im Stein- 
thal, Lorenz Blessig, der Hort des elsässischen Protestantiemus in 
den Stürmen der Revolution, und der Pfarrer Oberlin, der Wohl- 
thäter des Steinthals, von dem in einem folgenden Kapitel mehr 
erzählt werden soll: lauter Namen, die man noch heute im Elsaß 
mit Dankbarkeit und Verehrung nennt. 
Aber die eigentlichen Sterne der Universität Straßburg müssen 
wir unter den Juristen, Historikern und Philologen suchen. 
Die mächtigen lateinischen Folianten des Schatzes deutscher Alter- 
thümer (Thesaurus Antiquitatum Teutonicarum) von Schilter, 
des altdeutschen Wörterbuchs von Scherz und Oberlin, der Alsatia. 
ülustrata und Alsatia diplomatica von Schöpflin sind die wahren 
und werthvollsten Monumente elsässischen Geisteslebens in der Zeit, 
die wir betrachten. 
Auch auf diesem Gebiete fand eine Art Erstarrung statt: die 
Richtung, welche man um die Mitte des siebzehnten Jahrhunderts
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.