Full text: Geschichte des Elsasses von den ältesten Zeiten bis auf die Gegenwart.

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Seit der Preklamirung der Republik in Frankreich nahm das 
Parteiwesen im Elsaß einen von der Entwickelung der Dinge in 
Paris völlig verschiedenen Charakter an. Hatten sich die Volksgesell- 
schaften in Straßburg noch an der greßen Spaltung gleichmäßig 
betheiligt, welche zwischen den Feuillants und Jakebinern der Haupt- 
stadt eingetreten war, so zeigte sich dagegen in den Parteischattirungen 
der Jafobiner des Elsaß ein eigenthümliches Wesen, das dem Cen- 
trum des Reichs fremd, von den Pariser Jakebinern anfangs kaum 
vollständig beachtet, aber für die Verhältnisse der Grenzprovinz aus- 
schließlich maßgebend geworden war. In der Fülle der republikanisch- 
demokratischen Bestrebungen machte sich abermals der nationale Ge- 
gensatz, der immer bestanden hatte, geltend. Es war, wie wenn die 
französische Revelution im Elsaß den Beweis hätte liefern wollen, 
daß unter allen Abwandlungen der Verfassungsform und der Grund- 
sätze des Staates eine unüberwindliche Macht censtant blieb: der 
unaustilgbare Kern der deutschen Bevölferung. Der französische Maire 
Dietrich bedurfte libcraler Bundesgenossen, wie wir gesehen haben, 
aber wenn er auf das deutsche Volk wirken wollte, so mußten es 
Deutsche sein; diese Deutschen, die ihre Heimat verlassen hatten, 
wurden aber Feinde des französischen Maires und schlossen sich natur- 
gemäß an die äußersten Partcien der Auflösung des alten Staats 
und an die Feinde des französischen Königthums an. Die Ein- 
wanderer enthüllten sich als Republikaner, welche aber nichts deste- 
weniger Deutsche waren und eben deshalb dann wieder von ihren 
prolitischen Gesinnungsgenossen den französischen Jakebinern gehaßt, 
verfolgt und gestürzt werden mußten. 
In Eulogius Schneiders Schicksal tritt dieser Conflikt der 
nationalen Interessen weitaus am schärfften hervor. Es ist rührend 
zu sehen, wie sich nach seinem Tede seine Schwester in Straßburg 
bei Freunden in Deutschland um Zeugnisse bemühte, welche beweisen 
sollten, daß der „fremde Priester" schon vor seiner Einwanderung 
in Frankreich ein ausgesprochener Republikaner gewesen sei, und er 
die Grundsätze der Demokratie schon auf seinem Lehrstuhl in Bonn
	        
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