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wälzten vergeblich die äußersten Argumente der Gleichmacherei herbei,
um den deutschen Priester mit seiner Vergangenheit in Widerspruch
zu bringen: Sie beriefen die sogenannten Propagandisten aus allen
aufgeklärten Städten der Republik und ließen diese Apostel einer
neuen Religion von den Kirchen und Predigerkanzeln Besitz ergreifen;
aber Schneider und seine deutschen Genossen, die Jung, Butenschön,
Cotta und wie sie alle heißen, wollten sich natürlich nicht spotten
lassen und feierten den Triumph der Vernunft im Münster mit.
Man hatte längst die Glocken beseitigt, jetzt sollte auch der Thurm
des Münsters allen Ernstes abgetragen werden, um den widerlichen
Anblick eines die andern überragenden Gebäudes zu beseitigen. Die
deutschen Republikaner hatten keine Klage über die Verstümmelung
des deutschen Kunstwerks, denn sie durften nicht in den Verdacht
gerathen, Finsterlinge zu sein, welcher ihre Existenz in Frankreich
sofort vernichtet hätte. Und als man die rothe Mütze oben auf
der Spitze des Thurmes dem ehrwürdigen Denkmal deutscher Re-
ligiösität aufsetzte, weil sich der alte Ricse zu mächtig erwies, seinen
Steinbau zu erschüttern, so ermannte sich Schneider zwar zu ohn-
mächtigem Widerspruch, aber schließlich mußten auch hier die deut-
schen Republikaner nachgeben, weil sie in der Aufklärung nicht hin-
ter den Franzosen zurückstehen durften.
Es war ein noch gräßlicherer Wettlauf der beiden Nationali-
täten, der auf dem Gebiete der Justiz begann, und in welchem recht
bezeichnend das Jakobinerthum des deutschen Schneider vor dem des
Maires Monet unterliegen mußte. Hatten die deutschen Republi-
kaner im Elsaß auch Schritt zu halten gewußt im Geliete des
demokratischen Wahnsinns, so waren sie doch immer Stümper ge-
blieben auf dem Felde französischer Grausamkeit; und der öffentliche
Ankläger des niederrheinischen Departements zog sich bald den Un-
willen der Pariser Schreckensherren wegen der Art seiner Justiz-
verwaltung zu. Keineswegs fehlte es dem Revolutions-Tribunal,
welchem Schneider vorstand, an Thätigkeit, Energie und gutem
Willen, aber die Grundanschauung, welche sich in den Urtheilen des