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Die Bürger von Straßburg wollten anfangs nicht glauben,
was geschehen war; als sich aber das immer dichter herandrängende
Velk von der Wahrheit überzeugte, daß es wirklich Schneider sei,
den man an den Schandpfahl gebunden, entstand ein ungeheurer
Jubel, den gefürchteten Peiniger los gewerden zu sein. Schneider
wurde nach Paris geführt, in der Abtei gefangen gesetzt und am
1. April 1794 guillotinirt, genau ein Jahr nach dem Tage, an
welchem in Straßburg die ersten Opfer seiner schrecklichen Justiz
gefallen waren. Seine Anklage bildete eine wahre Sammlung von
abgeschmackten und leichtsinnigen Beschuldigungen. Denn man traut
seinen Augen nicht, wenn man liest, daß Schneider als Freund des
„Bösewichts Dietrich“ und als ein von England bezahlter Emissär
bezeichnet wird, der sich zur Aufgabe gemacht hätte, die Fortschritte
der Revolution durch den Unwillen, den sie durch seine Maßregeln
rege machen müsse, aufgehalten zu haben. Welche eigenthümliche
Vergeltung in den historischen Geschicken der Menschen hatte sich an
Schneider vollzogen!
In Straßlurg war man aber in einer schweren Täuschung be-
gFriffen, da man meinte, daß mit Schneiders Sturz die Tyrannei des
Schreckens vorüber wäre. Das sogenannte zweite Revolutions-=
tribunal war fast durchaus von Franzosen gebildet. Monets Allge-
walt wurde bald den zahlreichen Verhafteten fühlbar, welche bis
jetzt noch leidlich gut gehalten worden waren. Die Gefahren der
feindlichen Invasien im Winter 1793/94 ließen jede Gewaltthat zur
Sicherung der Grenzpropinz als gerechtfertigt erscheinen. Aler erst
im Frühjahr und Sommer 1794, wo längst keine feindliche Armee
mehr im Elsaß stand, begann die diktatorische Gewalt des Wohl-
fahrtsausschusses ihren nationalen Vernichtungskrieg gegen das
deutsche Elsaß.
Diese bisher mehr heimlich wirkende Richtung der französischen
Revolutien trat nach, dem Sturze der deutschen Republikaner offen