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des General- Consistoriums Augsburgischer Confession durch viele
Jahre hindurch war. Allein auf beiden Gebieten vermochte man
sowenig unter dem Julikönigthum, wie unter der Restauration be-
sondere Rücksichten für die eigenthümlichen Verhältnisse des Grenz-
landes gegenüber der mechanischen Centralisation des Reiches zu
erringen. Türckheim starb nach langen Leiden erst im Jahre 1850
und hinterließ nur geringes Vermögen.
Es war und blieb der Schmerz der tüchtigsten elsässischen
Männer, daß die wenigsten von ihnen in Frankreich zu der so sehr
gewünschten Anerkennung zu kommen vermochten. In den hohen
Staatsämtern war es fast niemals Elsässern gelungen, einflußreiche
Stellungen zu erhalten. Man benutzte, wie versichert wird, in Paris
zu allen Zeiten unzählige fleibige Hände aus dem Elsaß zum Dienste
niederer Beamten, allein jede Gelegenheit, ihre Localkenntnisse in
den höheren Aemtern der Verwaltung nutzbar zu machen, war ihnen
fast immer entzogen. Die Folge davon war, daß die Elsässer sich
bäufig zurückgesetzt fanden und in vertraulichen Mittheilungen durch
fünfzig Jahre hindurch ebenso bestimmt über die „Wälschen“ zu
klagen und zu seufzen hatten, als man heute laut und lärmend ihre
rein französischen Sympathieen behauptet.
Von allen den Celebritäten des Elsaß, welche in der Wissen-
schaft oder im politischen Leben sich hervorthaten, ist ein Einziger
im französischen Staat zu hoher Stellung gelangt: Johann Georg
Humann, Türckheims Parteigenosse in den Kammern von 1824.
Im gleichen Jahre, wie Türckheim geboren, begann er schon früher
als dieser sich ausschließlich der politischen Laufbahn zuzuwenden.
Nach dem Tode Casimir Periers trat er in das Ministerium vom
11. Oktober 1832 mit Marschall Soult an der Spitze, zugleich mit
Guizot und Thiers, und übernahm das Portefeuille der Finanzen.
Das Ministerium vertrat die liberalen Anschauungen, welche sich
insbesondere in dem Gesetze vom Jahre 1833 Ausdruck verschafften,
das die Zahl der Volksschulen erheblich vermehrte und die Gehalte
der Lehrer verbesserte. Besonders die letztere Maßregel dankte man
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