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lichen Thaten der Vorfahren nicht vergessen sein durften. Die latei-
nischen Hülfsmittel waren nur wenigen zugänglich, nach den gereimten
deutschen Weltchroniken des dreizehnten Jahrhunderts wollte man
nicht greifen. Denn jene Zeit begehrte schon wie die unfrige für
solche Zwecke Prosa, sie wollte sich nicht mit poetischen Floskeln
herumschlagen, wo es oftmals auf rasche Auskunft ankam. Dabei
war sie aber doch etwas verwöhnt durch die beliebte Schwank= und
Novellendichtung, der trockene Bericht genügte ihr nicht, sie wollte nette,
interessante, kleine Bildchen, die sich ungezwungen nach einander auf-
rollten und Geist und Phantasie mit leichter Nahrung frisch erhielten.
In Olberdeutschland fehlte es noch ganz an einem solchen Buche,
während Niederdeutschland seit 1250 eine deutsche Weltchronik in
Prosa besaß. Jacob Twinger kam also, wie man zu sagen pPflegt,
einem längst gefühlten Bedürfnisse entgegen. Und er war der Mann
dazu, es auf das allervollkommenste zu befriedigen. -
Ksnigshofen war ein guter Erzähler. Und er war ein guter
Erzähler um so mehr, je weniger er ein gewissenhafter Erzähler war.
Auf Wahrheit kommt es ihm nicht so sehr an, als auf Abrundung
und Pointe. Er will nicht sowohl möglichst richtig, als möglichst
unterhaltend erzählen. Schwänke, Schnurren, Witze karrt er zu-
sammen, wo er sie irgend findet. Und wo er sie nicht findet, macht
er sie zur RNoth. Auf wunderbaren und seltsamen Geschichten ver-
weilt er mit Vorliebe. Ueberall hält er darauf, die Begebenheiten
dramatisch zu beleben. Und obwohl ein Geistlicher, nimmt er durch-
weg den Standpunct des deutschen Bürgers ein. Er steht auf Seite
der Stadt gegenüber den Bischöfen, auf Seite des Kaisers gegen-
über dem Papst, auf Seite des Vaterlandes gegenüber den Fran-
zosen und anderen fremden Nationen.
Nun wird die vielfache Anerkennung nicht mehr auffallend er-
scheinen, die sich Königshofen errang. Seine Arbeit war nicht blos
Stadtchronik von Straßburg und Landeschronik vom Elsaß, sie war
auch ein Abriß der Universalgeschichte von der Schöpfung bis auf
die Gegenwart, und fie war nicht blos ein Abriß der Universalge-