Full text: Urkunden der Obersten Heeresleitung über ihre Tätigkeit 1916/18

206 VIII. Stickstoff 
  
  
Zu b) Aber auch wenn der Krieg 1918 zu Ende gehen sollte, so ist 
der Stickstoffhunger zur Zeit für unsere Landwirtschaft so groß, daß sie 
nicht nur die gesamte Produktion ohne weiteres aufnehmen kann, auch 
der Zuwachs um weitere 70 000 Tonnen ist im Interesse einer Erhöhung 
der Erzeugnisse landwirtschaftlicher Produkte sehr erwünscht. Denn wir 
können mit Sicherheit weder auf die Zufuhr von Chilisalpeter wie von 
Brotgetreide und Futtermitteln rechnen, so daß das Bestreben, uns allein 
auf unsere Landwirtschaft zu stützen, unbedingt geboten ist. 
Auch von diesem Gesichtspunkte aus ist also die Erweiterung von 
Merseburg mindestens sehr wünschenswert. 
Wenn ich trotzdem nicht unbedingt für die Erweiterung eingetreten 
bin und zur Zeit eintrete, so geschieht das nur, weil die Ersatzlage und die 
Rohstoffrage derartig sind, daß es sehr fraglich ist, ob sich die nötigen Ar- 
beitskräfte und die nötigen Rohstoffe, insbesondere Baueisen und Stahl, 
zur Verfügung stellen lassen. Immerhin kann die militärische und poli- 
tische Entwicklung sich so vollziehen, daß diese Möglichkeit eintritt. Dem- 
gemäß halte ich es für nötig, sich auf den Bau insoweit einzurichten, daß 
jedenfalls die Vorbereitungen getroffen und, soweit es die Verhältnisse 
gestatten, durchgeführt werden. Lassen sie sich nicht zu Ende führen, so 
muß das in den Kauf genommen werden. 
Ich habe die finanzielle Seite nicht berührt, da diese nicht meines 
Amtes ist und ich sie nicht übersehe. Ob die Finanzfrage das Projekt aus- 
schlaggebend beeinflußt, muß ich also Euer Exzellenz überlassen. 
I. A.: gez. Ludendorff. 
4. 
Chef des Generalstabes des Feldheeres. Gr. H. Qu., den 14. 4. 1918. 
II Nr. 81 787 op. 
An das Reichsschatzamt. 
Der Herr Minister für Landwirtschaft, Domänen und Forsten hat mir 
Abschrift seines Schreibens vom 23. 3. I A. le 6750 gesandt. 
Ich schließe mich, wie Euer Exzellenz bekannt, seiner Auffassung, daß 
eine schleunige Entscheidung über die grundsätzlichen Fragen der zukünfti- 
gen Stickstoffbewirtschaftung notwendig ist, durchaus an. Ich darf dabei 
erneut betonen, daß der gegenwärtige Krieg und künftige Rüstungen 
meines Erachtens eine Regelung erfordern, bei der die Verfügung über 
den Stickstoff in die Hände des Reiches übergeht. 
I. A. gez. Ludendorff.
	        
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