Full text: Urkunden der Obersten Heeresleitung über ihre Tätigkeit 1916/18

Unzureichende Stickstofferzeugung 207 
  
  
5. 
Chef des Generalstabes des Feldheeres. Gr. H. Qu., den 17. 5. 1918. 
II Nr. 84 974 op. 
An das Reichsschatzamt. 
Abschrift an das Kriegsamt, Landwirtschaftsministerium, 
den Oberst v. Winterfeldt. 
Ich halte es für notwendig, mein Schreiben vom 14. 4. 1918 
Nr. 81 787 op. durch folgende Ausführungen zu ergänzen. 
Die derzeitige Stickstofferzeugung von 25 000 Tonnen Stickstoff im 
Monat wird zur Hälfte für militärische Zwecke beansprucht. Die andere 
Hälfte ist für die landwirtschaftlichen Bedürfnisse unzureichend und bleibt 
es auch dann, wenn die bis Jahresschluß erreichbare Steigerung der Er- 
zeugung um 5000 Monatstonnen Stickstoff wirklich in vollem Umfange ein- 
tritt. Ich halte es für unrichtig, auf einen Ausgang des Krieges in diesem 
Jahr mit solcher Sicherheit zu zählen, daß man für die Bedürfnisse der 
Landwirtschaft im Jahre 1919 bereits den nach Kriegsbeendigung frei- 
werdenden Heeresstickstoff in Rechnung stellt. Ich sehe vielmehr eine drin- 
gende Pflicht in der unverzüglichen Ingangsetzung einer Produktionsver- 
mehrung um mindestens 6000 Monatstonnen Stickstoff, indem ich bemerke, 
daß ich nur dasjenige Verfahren für zur Zeit ausbaufähig halte, das mit 
Material und namentlich mit Menschen am sparsamsten wirtschaftet. 
J. A.: gez. Ludendorff. 
Der Erste General-Ouartiermelster. Gr. H. Qu., den 22. 5. 1918. 
II Nr. 86 762 op. 
An den Staatssekrelär des Reichsschatzamis v. Roedern. 
Sehr verehrte Exzellenz! Seit langer Zeit stehen die Reichsbehörden 
untereinander und mit der O. H. L. in Schriftwechsel und Beratungen über 
die Stickstoff-Frage, ohne einer Lösung wesentlich näher gekommen zu sein. 
Ich schrieb kürzlich noch darüber an die Reichsleitung. Von erneuten 
dienstlichen Schritten verspreche ich mir wenig. Ich ziehe es vielmehr vor, 
Sie privatim zu bitten, sich dieser Angelegenheit persönlich besonders an- 
zunehmen und eine schnelle Lösung herbeizuführen. 
Die Sache ist militärisch, landwirtschaftlich und daneben wohl auch 
finanziell von gar nicht zu unterschätzender Bedeutung. 
Wir wissen nicht, wie lange der Krieg dauert. Bislang mußte die 
Landwirtschaft sich mit einer recht knappen Bedarfsdeckung an Stickstoff be- 
gnügen. Darin liegt eine große Gefahr. Der Boden wird von Jahr zu
	        
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