Denkschrift über Bevölkerungspolitik 213
1.
Chef des Generalstabes des Feldheeres. Gr. H. Qu., den 9. 9. 1917.
II Nr. 63 631 op.
An den Reichskanzler. Abschrift an Kriegsminister.
Euer Exzellenz überreiche ich anliegend eine sehr bemerkenswerte
Denkschrift des Chefs des Feldsanitätswesens über „Volk und Wehr-
kraft“").
Es besteht wohl kein Zweifel, daß die Durchführung einer starken Be-
völkerungspolitik in ethischer, materieller und völkischer Beziehung für
Deutschlands Zukunft mitbestimmend sein wird. Ich halte die baldige
Festlegung klarer und bestimmter Richtlinien auf diesem Gebiet für nötig.
Zurzeit gehen die Vorschläge nicht nur teilweise sehr auseinander, sondern
sie sind auch zum Teil weltfremd, unnatürlich, undurchführbar oder in ihren
Folgen gefährlich (vgl. z. B. den 1. Teilbericht des 16. Ausschusses für
Bevölkerungspolitik). Wertvolle Vorarbeit finde ich dagegen in der „Denk-
schrift des Ministers des Innern“ über die „Ergebnisse der Beratung der
Ministerialkommission für die Geburtenrückgangsfrage“.
Zur Schaffung dieser Richtlinien halte ich eine Regierungskommission
für erwünscht. Sie müßte möglichst bald zusammentreten. Ich bitte, mich
daran zu beteiligen. Außerdem halte ich die Teilnahme einiger wirklich im
praktischen Leben stehenden Leute für unbedingt nötig. Die Teilnehmer-
zahl muß meines Erachtens beschränkt sein, sonst werden die Verhand-
lungen wie meistens end= und erfolglos.
Erst später, wenn ein gewisses Ergebnis vorliegt, wird es sich meines
Erachtens empfehlen, den Kreis zu erweitern und namentlich die vielen zur
Zeit bereits in der einen oder anderen Richtung arbeitenden Vereine, z. B.
Verein für Rassenhygiene, Siedlungspolitik usw., zu gemeinschaftlicher
Arbeit zu beteiligen.
Ich habe den Chef des Feldsanitätswesens gebeten, sich mit Euer Ex-
zellenz wegen der weiteren Verfolgung unmittelbar ins Benehmen zu
setzen. J. A.: gez. Ludendorff.
Nach Abgang:
R. dem Chef des Feldsanilätswesens.
Euer Exzellenz danke ich für die übersandte Denkschrift und möchte
daran die Bitte knüpfen, auf dem beschrittenen Gebiet mit allem Nach-
druck weiter zu wirken. Meine nachdrückliche Unterstützung sage ich gern
zu. Ich schlage vor, daß der dortige Bearbeiter mit der O. II Fühlung
nimmt. J. A. gez. Ludendorff.
*) Sie wurde auf Anregung der Obersten Heeresleitung von Generalstabsarzt der
Armee, v. Schserning, aufgestellt. Der Verfasser.