Protokoll des Oberst Bauer vom 12. Juli 1917 411
Reichstagsresolution könne als Interpretation des Friedensangebots vom
12. 12. 1916 gelten. Ferner kommt betr. Bethmann Hollwegs Amerika
in Betracht. Wilson hatte für Dezember 1916 Friedensaktionen vor-
gesehen. Da kam unser Friedensangebot dazwischen. Trotzdem fuhr
Wilson in seinem Vorhaben fort und ließ uns das wissen, er beabsichtige
im Februar Friedensaktionen. Da kam der rücksichtslose U-Bootkrieg.
Das sah er als Beleidigung an, daher seine Geneigtheit und sein Hinein-
treiben in die Arme von Lloyd George. So nach amerikanischer Dar-
stellung.
Möglicherweise liegen also in der Person des Kanzlers Schwierigkeiten
für den Frieden, man müßte aber noch etwas warten. Außerdem hält er
die Parlamentarisierung der Regierung für nötig, damit die Regierung
sozusagen die Resolution decke. Dann wird der Entente erschwert, die Re-
solution zu diskreditieren. Dadurch wird eine Verständigung angebahnt,
denn wir müssen bald Frieden schließen. Die Partei steht auf dem Boden,
daß ein Friede ohne Annexionen und Vergewaltigungen für uns ein Sieg
ist. Die Neutralen fassen das alles auch so auf, denn die Entente muß auf
viel mehr verzichten wie wir. Nur äußerlich ist der status quo ante tat-
sächlich nicht derselbe Standpunkt wie 1914, sondern es würde eine ger-
manische Völkergruppe, als mitteleuropäischer Zentralverband, entstehen.
Außerdem ist die Verständigung mit Rußland möglich. Also ist ein soge-
nannter „Scheidemann-Frieden“ für uns geradezu glänzend.
Dr. David hält ein „Friedensangebot"“ nicht für nötig. Die Resolution
des Reichstags ist seiner Ansicht nach kein neues Friedensangebot. Das
alte besteht ja. Was jetzt geschieht, ist das, daß die Grundlagen geklärt
werden.
Dr. David glaubt, daß eine Friedensaussicht ein Aufatmen bringt. Es
ist der Wunsch nach Frieden zu lebhaft.
Er hält ferner eine große fortschrittliche Umgestaltung für wichtig, um
die Stimmung zu heben. Wenn also Bethmann Hollweg die Resolution
akzeptiert, ist kein Grund zum Wechsel da. Wie stark das Moment des
Kanzlerwechsels ins Gewicht beim Ausland fällt, ist schwer zu sagen. Das
müßte der diplomatische Dienst aufklären. Ist die Friedensaktion durch
Bethmann Hollweg bedroht, so muß der Kanzler gehen.
Es gibt zwei politische Zentren, die O. H. L. und den Reichstag. Da-
zwischen pendelt der Reichskanzler! Die Reichsregierung hat gar keine
Richtung. Das System ist veraltet. Auch die Krone steht der Volksregie-
rung fern. Die Krone soll keine Rechte aufgeben, sondern die Bureaukratie
soll getroffen werden. Verändert wird also der Personenkreis, aus dem
sich die Regierung ergänzt.