Full text: Urkunden der Obersten Heeresleitung über ihre Tätigkeit 1916/18

542 XXII. Friedensverhandlungen 
Ich glaube, diese Darstellung erweckt einen anderen Eindruck wie 
die des Weißbuchs und zeigt den ganzen Ernst der militärischen Lage, den 
aufrichtigen Wunsch zu Beendigung der Feindseligkeiten, aber doch auch die 
Grenzen des Nachgebens. 
Major v. dem Bussche schreibt in seinen Aufzeichnungen über die 
Sitzung: 
„Der Feldmarschall stellte sich ausgesprochen auf 
den Standpunkt, daß die vierzehn Punkte Wilsons 
nur als Grundlage für die Verhandlungen dienen 
dürften; ehe deutsches Gebiet in nennenswertem Um- 
fange abgegeben würde, müsse Deutschland weiter- 
kämpfen, lieber untergehen als die Ehre verlieren). 
Dem widersprach Graf Roedern unter dem Beifall der übrigen. Das sei 
der Standpunkt des Feldherrn; die Reichsregierung müsse zu retten suchen, 
was zu retten sei. Von den anwesenden Staatssekretären Payer, Hintze, 
Roedern, Solf, Friedberg war es nur Payer, der sich gegen bedingungs- 
lose Annahme der Wilsonschen Punkte sträubte. Graf Roedern brachte 
nebenher das einstimmige Einverständnis des Preußischen Staatsministe- 
riums zu der Friedensnote mit. 
Bemerkenswert aus den Verhandlungen war, daß der Prinz Max von 
Baden überhaupt keine Friedensnote herausgeben wollte, sondern wünschte, 
zunächst in dem Reichstage in seiner Antrittsrede die Entente durch ein 
Friedensprogramm vorzubereiten. Je nach der Aufnahme sollte dann die 
Friedensnote folgen. Dieser Vorschlag wurde einstimmig verworfen. 
Der Staatssekretär Solf schlug vor, die Friedensnote nicht an Wilson 
allein, sondern gleichzeitig an England, Frankreich und Amerika zu richten. 
Hiergegen sprach Hintze. Auch dieser Vorschlag wurde abgelehnt. Zufällig 
hatte ich kurz vorher im Auftrage von General Ludendorff an Payer und 
Hintze, was Solf vorschlug, bestellen müssen." 
Oberst v. Haeften schreibt in seinem Bericht über den 3. Oktober: 
„Am 3. Oktober fanden wiederholt Besprechungen zwischen dem Reichs- 
kanzler Prinzen Max von Baden und zahlreichen politischen und parlamen- 
tarischen Persönlichkeiten statt. Besonders wichtig war eine Beratung 
zwischen ihm, dem Feldmarschall, dem Staatssekretär v. Hintze, dem Vize- 
kanzler und dem Reichsschatzsekretär Graf Roedern über den Wortlaut 
des Friedens= und Waffenstillstandsangebots am Nachmittage des 3. Ok- 
tober. Hierbei waren die Unterstaatssekretäre v. Stumm, v. dem Bussche, 
v. Radowitz, General v. Winterfeldt, verschiedene vortragende Räte 
des A. A. und ich noch zugegen. Ob über die Sitzung seitens des A. A. 
*) Von mir in Sperrdruck wiedergegeben. Der Verfasser.
	        
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