646 XXIV. Militärische Schriften
22. Vor größeren Angriffen wird meist das Einschieben neuer Ver-
bände nötig. Dies muß dem Gegner möglichst lange verborgen bleiben. Reihen=
folge und Zeiten des Heranführens sowie die Schulung der Truppen im Gelände, an
Übungswerken, durch Vorträge, Besprechungen, Skizzen usw. sind sorgfältig zu regeln.
Eine Nachbildung des Angriffsgeländes in stark verkleinertem Maßstabe (z. B. 1:500)
im rückwärtigen Gelände mit Darstellung der Geländeformen und Bodenbedeckungen
kann vorteilhaft sein.
23. Für Ablösung und zur Nährung des Angriffs sind Kräste zweiter
und dritter Linie rechtzeitig bereitzustellen. Die Angriffsabsicht darf dem
Gegner nicht durch ihre vorzeitige Massierung an der Angriffsfront verraten werden.
24. Auch bei einem Angriff, der planmäßig in allen Einzelheiten vorbereitet
werden kann, hat die Führung den Entschluß über die BVerwendung der Re-
serven frühzeitig und meist auf Grund unvollkommener Nachrichten zu fassen.
Schwächen des Feindes und errungene Vorteile müssen vorausschauend erkannt und
rasch ausgenutzt werden.
Durch den Einsatz der Reserven muß die Führung danach streben, den Kampf
nach ihrem Willen zu gestalten. Der Einsatz ist dort am wirksamsten, wo der Angriff
am schnellsten Boden gewinnt; auch diejenigen Teile, die nur langsam vorwärts
kommen oder stecken bleiben, werden dadurch am besten entlastet. Bereiten sich Gegen-
angriffe des Feindes mit starken Kräften vor, so ist es wichtig, zu erkennen, ob ihre
Wirkung durch Vorwärtstragen des Angriffes an anderer Stelle ausgeschaltet werden
kann oder ob Teile der eigenen Front unmittelbar gestützt werden müssen.
Vom Beginn des Angriffs muß die Führung darauf bedacht sein, ihre Reserven
dicht heranzuhalten. Jedoch ist eine Überlastung der Verbindungen, die zur Verstopfung
führt, zu vermeiden. In erster Linie muß die Feuerkraft der kämpfenden Truppe
durch glatten und schnellen Nachschub erhalten werden.
Die Sorge hierfür ist eine wichtige Aufgabe jeder Kommandostelle in ihrem
Bereich. Darüber hinaus haben die höheren Kommandostellen die niederen weit-
gehend von der Sorge für den Nachschub zu entlasten. Dies gilt vor allem für die
Generalkommandos.
25. Bei Angriffen mit weitgestecktem Ziel sind für die Unterführer neue Be-
fehlsstellen von Anfang an zu bestimmen und, soweit sie noch innerhalb der
eigenen Linie liegen, auszubauen.
Für die Stabsquartiere der Generalkommandos und Diodisionen gelten
die gleichen Grundsätze wie in der Abwehrschlacht; ihre Befehlsstellen werden
dagegen beim Angriff weit vorn eingerichtet, um einen Wechsel während der Schlacht
möglichst lange zu vermeiden; aber auch dieser muß vorbereitet werden. Besonders
muß die Nachrichtenverbindung zwischen der Division und ihrer Artillerie dauernd
gesichert bleiben.
Gute Verbindung zwischen den Befehlsstellen benachbarter Divisionen und den
Divisionen erster und zweiter Linie ist von großer Bedeutung.
Erwünscht ist es, daß die höheren Stäbe von der Division aufwärts über Fern-
warten verfügen.
Die Artilleriekommandeure haben meist besondere Beobachtungsstellen
mit möglichst weiter Übersicht, von denen sie dauernd unmittelbare Meldungen er-
halten.
26. Jeder Wechsel der Befehlsstellen bedarf eingehender Vorbereitung.
Reitpferde oder Kraftwagen sind rechtzeitig bereitzuhalten. Nach Verlegen der Be-
fehlsstellen nach vorwärts bleiben die rückwärtigen zur Regelung des Nachschubes zu-
nächst weiter besetzt. Je mehr der Durchbruch zum Bewegungskrieg führt, desto mehr
gehören auch die oberen Führer weit vor, oft zu Pferde.
K Aufklärung: Karten: Meldedienst.
27. Der Führer des Angriffs prüft die an der Angriffsfront bereits
vorhandenen Ergebnisse der Aufklärung und gibt Weisungen für ihre Ergänzung