Full text: Borussia. Bilder aus der Geschichte des preußischen Vaterlandes.

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Feinde, mit seinen sämmtlichen Verwundeten und Kranken, ohne 
irgend ein Stück Gepäck zu verlieren, in Schlesien an. Dieser Rück- 
zug Friedrichs wird von Kriegskundigen als ein wahres Meisterstück 
bewundert. 
Kaum war Friedrich diesem Bedrängniß entronnen, als neue 
Gefahren ihn riefen. Die Russen waren unter dem General Fermor 
wieder in Preußen eingefallen und hatten wie Barbaren darin ge- 
haus't; überall bezeichneten rauchende Trümmer ihren Weg; das 
ganze Land schwamm in Thränen und im Blute. Als die obdach- 
losen Landleute dem Könige mit Thränen in den Augen ihr Unglück 
klagten, sprach er tief bewegt: „Kinder, ich habe nicht eher kommen 
können. Habt Geduld, ich will Euch Alles wieder aufbauen.“ Das 
ganze Hcer war über die Gräuelscenen zur leidenschaftlichsten Rache 
entflaummt. Bei Zorndorf, unweit Küstrin, kam es am 25. August 
zur Schlacht. Es war die blutigste des ganzen Krieges und eine 
der fürchterlichsten Kimpfe, von denen die Kriegögeschichte erzählt. 
32,000 Preußen stritten gegen 52,000 Russen. Die Feinde standen 
in einem großen länglichen Viereck, die Reiterei und den Troß in der 
Mitte. Zwischen beiden Heeren lag das Dorf Zorndorf. Schwär- 
mende Kosakenhaufen hatten dasselbe in Brand gesteckt. Gegen neun 
Uhr begann der Angriff. Der linke preußische Flügel drang gegen 
die rechte Seite der Russen vor. Das preußische Geschütz wüthete 
furchtbar in den Reihen der Feinde; eine Kugel soll 42 Mamn nie- 
dergestreckt haben. Der feindliche Troß im Innern geräth in Ver- 
wirrung. Das preußische Fußvolk will diese Unordnung benutzen, 
dringt aber zu weit vor und wird zurückgeschlagen. Die Schlacht 
scheint verloren. Da brauf't Seydlitz mit seinen Reitern wie der 
Sturmwind über das blutgetränkte Feld. Ein furchtbarer Kampf 
entbrannte. Die Russen stehen wie Mauern. Ihre Leiber werden 
zu Wällen. Stundenlang dauert das Morden. Tausende werden 
von den Klingen der Preußen durchbohrt. Einige russische Haufen 
bekamen zu ihrem Unglück Witterung von dem Branntwein, den 
Fermor als Bedürfniß für sein Heer in vielen Tonnen mit sich 
führte. Statt auf die Preußen zu schlagen, machten sie mit Bajon- 
net und Säbel ein Hurrah auf die Schnapöbatterie, stachen die 
Tonnen an, durchbohrten sie, legten sich an deren Spund und Zap- 
f#en und tranken in langen Zügen, bis sie die Besinnung verloren 
und wie das liebe Vieh auf dem Erdboden lagen. Vergebens schlu- 
en die Offiziere den Boden der Fässer ein; die Grenadiere der 
giserin schlürften die trübe Flüssigkeit aus dem Staube auf, ehe
	        
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