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Am wichtigsten ist uns das Licht für den Gebrauch des
edelsten und wertvollsten unserer Sinne, das Auge.
O0, eine edle Himmelsgabe ist
Das Licht des Auges. — Alle Wesen leben
Vom Lichte, jedes glückliche Geschöpf —
Die Pflanze selbst kehrt freudig sich zum Lichte.“
Die ganze Herrlichkeit der Natur, sie ist ein mit sieben
Siegeln verschlossenes Buch für den Unglücklichen, dem das
Augenlicht versagt ist, und bliebe ein solches für uns alle und
für immer, wenn nicht die liebe Sonne am frühen Morgen uns
weckte mit ihrem milden Scheine. „Es freue sich, wer da atmet
im rosigen Licht.“
Da wir nun gesehen haben, wie wichtig für alle Geschöpfe
das Licht ist, so wird sich unschwer begreifen lassen, dafz der
Mensch von alters her bemüht war, sich den Genuft des Lichts
in ausgedehntem Maße zu verschaffen. Wir bauen unsere Wohn-
häuser gegen die Lichtseite, versehen sie mit großen Fenstern
und beleuchten sie, wenn das natürliche Licht mangelt, künst-
lich. Man versteht es eigentlich heute schon nicht mehr recht,
wie unsere Vorfahren in ihren dunklen, rauchigen Stuben mit
den kleinen Fensterchen leben konnten, und eine Wohnstube ohne
Fenster, wie z. B. vor der Erfindung des Fensterglases, kann
man sich gar nicht mehr denken. Die älteste Beleuchtungsart,
der Kienspan, den man in meiner Jugend noch in mancher
Schwarzwälder-Stube antraf, ist den Talg-, Paraffin- und Stearin-
kerzen gewichen; diese haben den Ol- und Petroleumlampen
oder dem Leuchtgase Platz gemacht, das wiederum durch die
Elektrizität schon vielfach verdrängt ist.
Für unser Auge ist es von der größten Wichtigkeit, datß
wir unsere Arbeiten bei der richtigen Beleuchtung verrichten.
Zu helle Beleuchtung blendet das Auge und ist ebenso schädlich
als zu geringe. Gegen jene (direktes Sonnenlicht) schützen
wir uns durch Vorhänge, Fensterläden u. dergl.; dem Mangel
an Licht helfen wir durch Lampen und Lichter ab. Was wir
als Schutz für unsere Augen von diesen verlangen müssen, ist,
dat sie hell und ruhig brennen. Dann kommt es nicht so sehr
auf die Art der Beleuchtung an.
Kein Licht ohne Wärme! Wo die Sonne hinscheint, wo
ein Kerzen- oder Lampenlicht brennt, empfinden wir an unserer
Körperoberfläche, z. B. der fühlenden Hand, Wärme. Die Wärme
stammt aber nicht nur von den Lichtquellen, als deren wichtigste
wir die Sonne kennen gelernt haben, sondern es gibt eine Menge
anderer Wärmequellen, von denen wir später reden wollen. Ich
meine die Vorgänge in der Natur, die man als chemische
Prozesse bezeichnet und bei denen immer Wäürme frei oder
gebunden wird. Ich will hier nur an einige alltägliche Erschei-