Full text: Lesebuch für Landwirtschaftliche Winterschulen und ähnliche Anstalten im Königreich Bayern.

— 20 — 
2. Uber die Kultur der Erdbeere. 
Die Landwirtschaft treibende Bevölkerung unseres Vaterlandes 
ist durch viele Fehljahre in der letzten Zeit in ihren Vermögens- 
verhältnissen sehr zurückgekommen. Wir dürfen uns daher nicht. 
wundern und es dem Landmanne nicht verargen, wenn er schließ- 
lich ungeduldig und unzufrieden wird. Auf der andern Seite aber 
müssen wir seinen nie versiegenden Mut und seine rastlose Tätig- 
keit bewundern, die ihn immer neue Mittel und Wege finden lassen 
seinen Lebensunterhalt der Erde abzugewinnen; wir müssen uns 
erfreuen an seinem Schaffensgeiste, der ihn dazu führt, das, was 
er auf einem Gebiete verloren hat, auf einem andern wieder zu. 
erringen. So haben sich die Bewohner des Dorfes Staufenberg in 
Baden trotz der Mißernten auf beinahe allen Gebieten der Land- 
wirtschaft in den letzten Jahren nicht nur ihr ordentliches Aus- 
kommen gesichert, sondern es sind viele derselben durch sorgsame 
Pflege der Erdbeerkultur zu einem gewissen Wohlstande gelangt. 
Schon in früherer Zeit haben sich viele Bewohner des Dorfes neben 
der Bewirtschaftung ihrer Felder dadurch einen lohnenden Neben- 
verdienst erworben, daf sie die in den umliegenden Wäldern reich- 
lich wachsenden Beeren sammelten und an Händler verkauften. 
Diese brachten sie nach dem naheliegenden Baden-Baden, wo die 
Beerenfrüchte bei dem dortigen groen Fremdenverkehr sehr gut. 
bezahlt wurden. Hierbei schon spielte die Erdbeere eine große 
Rolle; natürlich war dies zunächst nur die wildwachsende Walderdbeere. 
Ende der dreifiiger Jahre des vorigen Jahrhunderts lief der Kurfürst. 
von Hessen-Kassel in Baden einen großen Garten anlegen, wobei 
auch Staufenberger Taglöhner arbeiteten. Bei dieser Gelegenbeit 
lernten dieselben außer der bekannten Walderdbeere auch verschiedene 
großfrüchtige Erdbeersorten kennen und brachten davon einzelne 
Stöcke, deren Früchte unter dem Namen „welsche Erdbeeren“ bekannt 
wurden, nach Staufenberg. Da sich dieselben sehr rasch vermehrten, 
s0 waren schon nach einigen Jahren kleinere mit Erdbeeren bepflanzte 
Beete nicht nur in Gärten sondern auch *i in den Wein- 
bergen zu sehen. 
Mit der Pflege dieser Pflanzen beschäftigten sich zunächst nur 
die Obsthändler, welche ihre Früchte auf dem Markte in Baden ab- 
setzten. Dort sahen die übrigen Landwirte, daß sich die Erdbeer- 
Ppflanzungen als sehr erträglich erwiesen, und sie versuchten, einer 
nach dem andern, selbst solche Pflanzungen anzulegen. So breiteten 
sich diese immer mehr aus und schon bei Beginn der sechziger 
Jahre gab es unter den Landwirten Staufenbergs wenige mehr, die 
nicht ein oder mehrere Grundstücke ausschließlich mit Erdbeer- 
pflanzen bebauten. Da die Lage des Ortes, der auf drei Seiten von 
Bergen umgeben und dadurch gegen die rauhen Nord- und Ost- 
winde geschützt ist, für diese Anpflanzung eine sehr günstige ist, so.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.