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17. (Nr. 304.) Gesetz, betreffend die Errichtung eines obersten Gerichtshofes für
Handelssachen. Vom 12. Juni 1869. B.-G.-Bl. Nr. 22. S. 201 ff.
Wir Wilhelm, von Gottes Gnaden König von Preußen 2c.
verordnen 2c., was folgt:
. 1. Für Handelssachen wird ein für alle Staaten des Nord-
deutschen Bundes gemeinsamer oberster Gerichtshof errichtet, dessen Zu-
ständigkeit sich über das gesammte Bundesgebiet erstreckt und welcher die
Benennung „Bundes-Oberhandelsgericht“ führt.
§. 2. Das Bundes-Oberhandelsgericht soll in Leipzig seinen Sitz
haben und aus einem Präsidenten, einem oder mehreren Vizepräsidenten
und der erforderlichen Anzahl von Räthen bestehen.
§. 3. Die Mitglieder des Bundes-Oberhandelsgerichts werden auf
Vorschlag des Bundesrathes von dem Bundespräsidium ernannt.
4. Die Ernennung der erforderlichen Sekretäre erfolgt im Na-
men des Bundespräsidiums durch den Bundeskanzler, die Ernennung
der erforderlichen übrigen Subaltern= oder Unterbeamten durch den Prä-
sidenten des Bundes-Oberhandelsgerichts.
§. 5. Der für das Bundes-Oberhandelsgericht erforderliche Auf-
wand wird aus der Bundeskasse bestritten. Insbesondere werden alle
bei dem Bundes-Oberhandelsgerichte angestellten Beamten als Bundes-
beamte aus der Bundeskasse besoldet.
§. 6. Zum Mitgliede des Bundes-Oberhandelsgerichts kann nur
ein Rechtskundiger ernannt werden, welcher nach den Gesetzen des Bun-
desstaates, dem er angehört, befähigt ist, zum rechtskundigen Mitgliede
eines oberen Gerichtshofes dieses Staates ernannt zu werden, oder wel-
cher an einer Deutschen Universität die Stelle eines ordentlichen öffent-
lichen Lehrers des Rechts bekleidet.
# 7. Zur Fassung gültiger Beschlüsse des Bundes-Oberhandels-
gerichts ist die Theilnahme von mindestens sieben Mitgliedern, einschließ-
lich des Vorsitzenden, erforderlich. Die Zahl der Mitglieder, welche
bei der Fassung eines Beschlusses eine entscheidende Stimme. führen,
muß in allen Fällen eine ungerade sein. Ist die Zahl der bei der Er-
ledigung einer Sache mitwirkenden Mitglieder eine gerade, so führt
dasjenige Mitglied, welches zum Rathe des Bundes-Oberhandelsgerichts
zuletzt ernannt ist und bei gleichem Dienstalter derjenige, welcher der
Geburt nach der jüngere ist, nur eine berathende Stimme.
§. 8. Das Bundes-Oberhandelsgericht kann, auf Grund eines
Beschlusses des Bundesrathes, in mehrere Senate getheilt werden.
Die Zusammensetzung der Senate erfolgt durch den Präsidenten,
mindestens auf die Dauer eines Gerichtsjahres. Für dieselbe Dauer
hat der Präsident die Mitglieder zu bezeichnen, welchen für Verhinderungs-
fälle die Vertretung obliegt.
Ein Mitglied des Bundes-Oberhandelsgerichts kann gleichzeitig
ständiges Mitglied mehrerer Senate sein.
Den Vorsitz in den Senaten führt der Präsident, ein Vizepräsident
und in Verhinderungsfällen derjenige Rath des Senats, welcher das Amt
eines Rathes am Bundes-Oberhandelsgericht am längsten bekleidet, und
bei gleichem Dienstalter derjenige, welcher der Geburt nach der ältere ist.
§. 9. Wenn die Ansicht eines Senats über eine Rechtsfrage von