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Schlußprotokoll.
Bei der Unterzeichnung des Vertrages über den Abschluß eines
Verfassungsbündnisses zwischen Sr. Maj. dem Könige von Preußen Na-
mens des Norddeutschen Bundes und Sr. Maj. dem Könige von Bayern
sind die unterzeichneten Bevollmächtigten noch über nachstehende vertrags-
mäßige Zusagen und Erklärungen übereinkommen:
Es wurde auf Anregung der Königl. Bayer. Bevollmächtigten
von Seite des Königl. Preuß. Bevollmächtigten anerkannt, daß, nach-
dem sich das Gesetzgebungsrecht des Bundes bezüglich der Heimaths-
und Niederlassungsverhältnisse auf das Königreich Bayern nicht erstreckt,
die Bundeslegislative auch nicht zuständig sei, das Verehelichungswesen
mit verbindlicher Kraft für Bayern zu regeln, und daß also das für
den norddeutschen Bund erlassene Gesetz vom 4. Mai 1868, die Auf-
hebung der polizeilichen Beschränkungen der Eheschließungen betreffend,
jedenfalls nicht zu denjenigen Gesetzen gehört, deren Wirksamkeit auf
Bayern ausgedehnt werden könnte.
II. Von Seite des Königl. Preuß. Bevollmächtigten wurde an-
erkannt, daß unter der Gesetzgebungsbefugniß des Bundes über Staats-
bürgerrecht nur das Recht zu verstehen sei, die Bundes= und Staats-
angehörigkeit zu regeln und den Grundsatz der politischen Gleichberech-
tigung aller Confessionen durchzuführen, daß sich im Uebrigen diese
Legislative nicht auf die Frage erstrecke, unter welchen Voraussetzungen Je-
mand zur Ausübung politischer Rechte in einem einzelnen Staate befugt sei.
III. Die unterzeichneten Bevollmächtigten kamen dahin überein,
daß in Anbetracht der unter Ziffer I. statuirten Ausnahme von der
Bundes-Legislative der Gothaer Vertrag vom 15. Juli 1851 wegen
gegenseitiger Uebernahme der Ausgewiesenen und Heimathslosen, dann,
die sogenannte Eisenacher Convention vom 11. Juli 1853 wegen Ver-
pflegung erkrankter und Beerdigung verstorbener Unterthanen für das
Verhältniß Bayerns zu dem übrigen Bundesgebiete fortdauernde Geltung
haben sollten.
IV. Als vertragsmäßige Bestimmung wurde in Anbetracht der in
Bayern bestehenden besonderen Verhältnisse bezüglich des Immobiliar=
Versicherungswesens und des engen Zusammenhanges derselben mit dem
ypothekar-Kreditwesen festgestellt, daß, wenn sich die Gesetzgebung des
undes mit dem Immobiliar-Versicherungswesen befassen sollte, die vom
Bunde zu erlassenden gesetzlichen Bestimmungen in Bayern nur mit
Zustimmung der Bayer. Regierung Geltung erlangen können.
V. Der Königl. Preuß. Bevollmächtigte gab die Zusicherung, daß
Bayern bei der ferneren Ausarbeitung des Entwurfes eines allgemeinen
Deutschen Civilprozeß-Gesetzbuchs entsprechend betheiligt werde.
VI. Als unbestritten wurde von dem Königl. Preuß. Bevollmäch-
tigten zugegeben, daß selbst bezüglich der der Bundeslegislative zuge-
wiesenen Gegenstände die in den einzelnen Staaten geltenden Gesetze
und Verordnungen in so lange in Kraft bleiben und auf dem bisherigen
Wege der Einzelngesetzgebung abgeändert werden können, bis eine bin-
dende Norm vom Bunde ausgegangen ist.
VII. Der Königl. Preuß. Bevollmächtigte gab die Erklärung ab,
daß Se. Maj. der König von Preußen kraft der Allerhöchstihnen zustehenden
Präsidialrechte, mit Zustimmung Sr. Maj. des Königs von Bayern, den