74 Zweiter Abschnitt: Der König und das Königliche Haus. 8 10.
Dieses Privatvermögen (,Privateigentum“, sagt die Verf.-Urk.) umfaßt
alles, was der König bei der Gelangung zum Throne schon besaß oder seither aus Privat-
rechtstiteln erworben hat. Damit ist ausgeschlossen der Erwerb aus der Ziodilliste, die
kein Privatrechtstitel ist, einbegriffen ist dagegen sein Erwerb aus der Nutzung des Haus-
fideikommisses. Dieses ganze Privatvermögen steht zu seiner freien Verfügung nach den
Bestimmungen des Bürgerlichen Gesetzbuches. Aber:
— alles Privatvermögen, worüber er eine Verfügung nicht getroffen hat, geht bei
seinem Tode nicht in die gesetzliche Erbfolge, sondern wächst dem Hausfidei-
kommisse zu (Verf.-Urk. § 21, Abs. 2);
— über Ersparnisse aus der Zivilliste kann er unter Lebenden verfügen,
als wären sie Privatvermögen, nicht aber auch von Todes wegen; hinterläßt er also solche,
so gehen sie ohne Rücksicht auf eine letztwillige Verfügung an das Hausfideikommiß (Verf.=
Urk. § 21, Abs. 3);
— bei den hier in Frage stehenden Verfügungen „ist der König an die Vorschriften
des Bürgerlichen Gesetzbuches nicht gebunden" (Hausges. F 58).
Diese letztere Bestimmung kann nicht die Absicht haben, alle rechtsgeschäftlichen Ver-
fügungen des Königs außerhalb der staatlichen Rechtsordnung zu lassen. Sie bezieht
sich auf die unmittelbar vorher aufgestellten besonderen Gebundenheiten des königlichen
Vermögens zugunsten des Hausfideikommisses; dafür sollen jetzt die Beschränkungen, welche
das bürgerliche Recht zugunsten der Familienangehörigen aufstellt, den König bei den
hier zugelassenen Verfügungen nicht binden: das Pflichtteilsrecht ist ausge-
schlossen. Will man darüber hinaus auch eine Befreiung annehmen von den im bürger-
lichen Rechte vorgeschriebenen Formen der Rechtsgeschäfte, so darf sich
das, dementsprechend, nur beziehen auf solche Rechtsgeschäfte, die erbrechtlich in Frage
kommen: Verfügungen von Todes wegen und freigebige Zuwendungen unter Lebenden.
Im übrigen richtet sich der vermögensrechtliche Verkehr des Königs nach gemeinem
Recht. 31)
Der König unterliegt aber mit seinem Vermögen auch öffentlichrechtlichen
Eingriffen und Belastungen wie ein Privatmann: seine Grundstücke werden
von öffentlichrechtlichen Servituten, Eigentumsbeschränkungen und Enteignungen für
öffentliche Unternehmungen getroffen wie andere; landwirtschaftliche und gewerbliche Be-
triebe „der Zivilliste“ haben den Pflichten der Arbeiterversicherung nachzukommen; und
soweit sie nicht selber Ausnahmen macht, gilt auch für solche Besitztümer und Betriebe
die ganze zum Schutze des Gemeinwesens eingerichtete polizeiliche Ordnung, 32)
Insbesondere unterliegt der König mit seinem Vermögen auch den öffentlichen
Abgaben. Der Grundsatz ist allgemein — selbstverständlich wieder mit dem Vorbehalt,
daß nicht durch besondere Gesetzesbestimmungen Befreiungen geschaffen sind. Solche
Befreiungen bestehen in großem Umfang. Das Reich hat Rücksichten genommen in
31) Im wesentlichen übereinstimmend: Bülau, Verf. u. Verw. I S. 96, Note 28b;
Opitz, Staats-R. 1 S. 202.
32) In baupolizeilicher Hinsicht bestehen Erleichterungen, wie für den Fiskus: Allg. Bau-
ges. vom 1. Juli 1900 § 165; Verord. d. Min. d. Inn. vom 12. Juni 1901 (Fisch.-Ztsch. XXII
S. 353). — Zu erwähnen sind hier auch die reichsrechtlichen Befreiungen von Militärlasten:
Quartierleistungsges. vom 25. Juni 1868 § 4; Naturalleistungsges. vom 13. Febr. 1875 § 3; Kriegs-
leistungsges. vom 10. Juni 1873 9 25.