226 Das öffentliche Sachenrecht.
Den Grund dieser Erscheinung hat man von jeher gesucht in
der besonderen rechtlichen Natur der staatlichen Tätigkeiten und
Einrichtungen, von welchen der Eingriff hier ausgeht. Die ver-
schiedenen Entwicklungsstufen unseres Öffentlichen Rechts spiegeln
sich wider in den Bezeichnungen, deren man sich dafür bedient.
Die Rechtshilfe wird gern für ausgeschlossen erklärt, weil der
Staat hier in Ausübung seiner Hoheitsrechte vorgegangen sei.
Aber Hoheitsrechte hat der Staat jetzt nicht mehr. Man will mit
dieser Redeweise auch keineswegs irgendein neues, besonderes
Hoheitsrecht solchen Inhalts behaupten. Es ist nichts anderes
gemeint, als eben ein Stück von dem, was wir Öffentliche Ver-
waltung nennen, Tätigkeit des Staates, die dem Gebiet des Öffent-
lichen Rechts angehört.
Eine andere Formel ist die, daß es sich um Polizei und
polizeiliche Verfügung handle und deshalb Zivilrecht und
Zivilgericht nicht berufen seien, dagegen hemmend einzugreifen.
Allein von Äußerungen unserer Polizeigewalt ist bei diesen Dingen
keine Rede. Verstünde man darunter im altfränkischen Sinne jede
Lebensäußerung des Staates, in welcher er nicht als Fiskus auftritt,
weil sie Befehl und Zwang bedeutet, so stimmt das wieder nicht,
weil bei diesen Einwirkungen Befehl und Zwang meist überhaupt
nicht in Betracht kommen oder nur in der künstlichsten Weise
hineinzudeuten sind. Was man meint, ist eigentlich Polizei in noch
älterem Sinne, die ganze „Selbsttätigkeit der Staatsregierung für
die Erreichung des Staatszwecks“ ®.
Es läuft immer wieder hinaus auf den Zusammenstoß der
öffentlichen Verwaltung mit dem Eigentum, das ihr
im Wege steht. Das Rechtsinstitut wird erst verständlich von
dem Boden dieses Kernbegriffs aus, um welchen unser neuzeitliches
Verwaltungsrecht sich gebildet hat.
II. Die Anwendungsmöglichkeiten, welche danach für das
Rechtsinstitut der öffentlichen Eigentumsbeschränkung sich ergeben,
sind überaus mannigfaltig. Um eine Übersicht zu gewinnen, teilen
® Vgl. oben Bd. I S. 212. — Die preußischen Gerichte finden bei solcher
Ausdrucksweise Anlehnung an den Wortlaut der Zuständigkeitsregeln in Verord.
V. 26. Dez. 1808 $ 36 und Ges. v. 11. Mai 1842. Diese Bestimmungen zeugen in
ihrer Unbeholfenheit von der Verlegenheit gegenüber dem werdenden öffentlichen
Recht und sind selbst Quelle von Verlegenheiten geworden. Die Ausführungen
bei Oppenhoff, Ressortverh. I. Aufl. S. 95 ff, u. 838 ££., sollten genügen, um zu
sehen, daß für das neuzeitliche Recht gar nichts damit anzufangen ist. Man ge-
braucht eben die alten Ausdrücke und verdeckt damit neue Gedanken.