Full text: Sagenbuch des Königreichs Sachsen

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plötzlich sprang der Kärrner auf und erklärte, er könne nicht länger 
bleiben, er müsse noch in das benachbarte, 1 /2 Stunde von dem 
Städtchen gelegene, Wittendorf (das später durch den Krieg zur 
wüsten AMlart ward), um dorthin bestellte Waren zu schaffen. 
Zwar bat ihn seine Braut, nur diesen Abend zu bleiben, es sei ihr 
so ängstlich zu Mute, allein der Kärrner lachte sie aus und meinte, 
es sei ja Mondenschein, er habe den Weg schon so viele Male bei 
schlechterem Wetter und im Finstern gemacht, er werde ihn also auch 
heute nicht verfehlen. Kurz, er ließ sich nicht halten, sein Müädchen 
aber setzte sich traurig an den Spinnrochen und versuchte sich die 
Zeit mit Spinnen zu vertreiben. Aber in ihrer Herzensangst kamen 
ihr häßliche Bilder vor; die Spindel und das Ganrn schienen ihr 
blutig zu sein, und es war ihr, als spinne sie ihr Leichenhemd. 
Sie nahm also das Gesangbuch und die Bibel zur Hand, allein 
alles half nichts, es wollte Kkeine Ruhe in ihr ängstlich schlagendes 
Herz einziehen. Endlich hörte sie die Gloche zur Frühmette läuten; 
sie eilte heraus, um zu sehen, ob ihr Bräutigam zurückgekehrt sei, 
allein weder jetzt noch nach dem Schlusse der Mette ließ er sich 
sehen. Endlich hatte sie keine Ruhe mehr. Sie bat einen ihr freundlich 
gesinnten Nachbar, sie nach dem erwähnten Dorfe zu begleiten, um 
dort zu hören, ob ihrem Geliebten etwas zugestoßen sei. Als sie 
aber dort ankamen, hörten sie, derselbe sei zwar dagewesen, aber 
schon seit Mitternacht wieder fortgefahren und sie Konnte also nicht 
mehr zweifeln, daß ihm ein Unglück begegnet sei. Auf dem Büch- 
wege verfolgten sie nun die Spur, welche der Kärrner mit seinem 
Wagen hinterlassen hatte, und dieselbe führte sie auch deutlich nach 
einer morastigen, aber grundlosen Stelle eines den Stollbergern 
unter dem Namen des Walbtteiches bekannten Weihers, wo sie auf 
einmal aufhörte. Jetzt konnte die Arme nicht mehr an dem Schick- 
sale ihres Bräutigams zweifeln; sie Nehrte verzweifelnd in das 
Städtchen zurüch und sprach im halben Wahnsinn zu ihrer alten 
Mutter, in drei Monaten werde sie ihr Anton zu Trauung abholen, 
bis dahin mühsse sie sich ihr Hochzeitskleid spinnen. So spann sie 
denn emsig bis zum Osterfeste, und als die Mitternacht des Vor- 
abends desselben gekommen war, da düntkte es sie, es poche jemand 
dreimal ans Fenster. Sie öffnete es und es schien ihr Bräuti- 
Zgam draußen zu stehen, zwar mit totenbleichem, aber himmlisch 
freundlichem Gesichte; er lud einen Myrtenkranz und Zypressenranken
	        
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