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Wortwechsel, der schließlich in Tätlichkeiten ausartete. Krabat, den
dies verdroß, sagte: „Zur Strafe dürft ihr euch für die Störung
unserer friedlichen Gesellschaft nicht von der Stelle rühren, sondern
müßt stehen bleiben, bis wir auseinandergehen.“ Und wirklich
blieben die beiden Männer wie bezaubert so lange in raufender
Stellung, ohne sich von der Stelle zu rühren.
Nach diesem deutete Krabat durchs Fenster und sprach zu den
Festteilnehmern: „Schaut da mal hinaus, was unser Wirt für einen
starten Hahn besitzt. Alles staunte, denn letzterer zog über den
Marktplatz einen Balken. Zwei Alägde, welche in den Zauber
nicht mit eingeschlossen waren, traten darauf in die Stube und
sprachen ihre Verwunderung darüber aus, daß alles den Hahn, der
nur einen Strohhalm über den Platz zöge, anstaunte. Krabat spielte
diesen für ihr Plaudern einen argen Schabernach, so daß beide be-
schämt hinausgingen. (Vgl. Nr. 660.)
Es sei nun nur noch Krabats Ende berichtet, das harmonisch
austönt.
Krabat wurde ein Freund und Wohltäter seines Ortes und der
ganzen Umgegend. Er wendete im Alter seine Kunst noch zur
Hebung des Hauptnahrungszweiges seiner Untertanen an, besserte
deren ertragsarmen Ackerboden, beseitigte über Nacht Fieber er-
zeugende Sümpfe, bewässerte verdorrende Saaten und verwandelte
selbst einen herabstürzenden Hagel, der die Nachbarschaft arg ver-
heerte, über den Gemarkungen seines Dorfes zu unschädlich her-
niederschwebenden Flaumfedern. Mastlos wirkte er so für seine
unbemittelten Schutzbefohlenen, denen er schließlich, weil er ohne
Aachkommen blieb, sein ganzes erbliches Besitztum, in vierzig Par-
zellen zerteilt, testamentarisch überwies. Aur die begüterten Bauern
gingen dabei leer aus, und die Teiche des Gutes Groß-Särchen,
welche sich der Fiskus vorbehalten hatte, fielen an letzteren zurüchk.
Kurz vor seinem Tode ließ Krabat sein Zauberbuch in den großen
Teich werfen. Der Diener führte den Auftrag anfänglich nicht aus.
Er wollte die geheimnisvolle Schrift für sich behalten. Bei seiner
Rückkunft fragte ihn Krabat: „Hast du das Buch hineingeworfen?“
Er antwortete: „Ja, Herr, es liegt drin.“ Krabat blichte ihn durch-
bohrend scharf an: „Was hat das Wasser gesagt?“ Da wußte der
Diener keine Ausflucht. Er mußte nochmals hingehen. Diesmal
versenkte er das Buch wirklich beim Ständer in die dunkle Flut,