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Die Nichtzulassung von Beamten (resp. bestimmten Beamtenkate-
gorien) zur Volksvertretung findet man auch in anderen Staaten, so
z. B. in der französischen Republik, in Italien, England, der Schweiz
und den Vereinigten Staaten von Nordamerika.: Dagegen kann die
ausnahmsweise Zulassung der richterlichen Beamten wohl als eine
hamburgische Singularität bezeichnet werden.: Dieselbe erklärt sich
teilweise aus der unabhängigeren Stellung der Richter, in erster Linie
aber aus der historischen Entwickelung.
Bis 1879 war unter der Gesamtheit der hamburgischen Richter
das Laienelement überwiegend. Wie in die Verwaltungsdeputationen,
so wurden auch in die Gerichte Kaufleute oder andere Bürger zeit-
weise delegiert, und da es neben diesen nicht rechtsgelehrten Richtern
— zumal so lange dem Senat noch ein wesentlicher Teil der Recht-
sprechung zustand — nur eine ganz geringe Zahl eigentlicher Berufs-
richter gab, so galt das Richteramt allgemein, wie die analoge Teil-
nahme der Bürger an der Verwaltung, als ein Ehrenamt. Dies hat
sich jetzt wesentlich geändert. Die Gerichte sind, von wenigen Aus-
nahmen abgesehen, ausschließlich mit rechtsgelehrten Berufsrichtern
besetzt, deren Amt kein Ehrenamt ist. Dessenungeachtet hat man den
Richtern die Wählbarkeit zur Bürgerschaft belassen, weil gegen dieselbe
nie ernstliche Bedenken erhoben, und weil die Richter sich — zumal
andere Beamte nicht gewählt werden können — als ein wünschens-
wertes, ja notwendiges Element in der Volksvertretung erwiesen haben.
c. Wahlverfahren. Alle drei Jahre tritt die Hälfte der durch
jeden der drei Wahlkörper (Steuerzahler, Grundeigentümer, Notable)
auf je 6 Jahre gewählten Mitglieder der Bürgerschaft aus. Spätestens
6 Wochen vor dem Termine der hiernach alle 3 Jahre vorzunehmenden
teilweisen (halbschichtigen) Erneuerung der Bürgerschaft wird der Senat
die neuen Wahlen anordnen. (Die Anordnung soll jedenfalls so zeitig
1 Vgl. Bluntschli, Allgem. Staatsrecht, S. 80 f., und Gareis, Allgem.
Staatsrecht, a. a. O., S. 71.
2 In England sind gerade die besoldeten Richter, zusammen mit den
Steuerbeamten und den Klerks der Regierungsämter, allein nicht wählbar zum
Parlament. In Italien sind, neben anderen höheren Beamten, von den Richtern
nur die Mitglieder des Kassationshofes von der Nichtwählbarkeit der Beamten
ausgeschlossen.