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Staatsrechts noch in dem der Reichsgesetzgebung, insbesondere des
Strafgesetzbuchs, als Beamte zu betrachten.
Es ist üblich von einem „Mandat“ der Volksvertreter zu sprechen,
vielleicht weil man das Wort „Amt“ zu vermeiden sucht. Doch ist,
wie oft genug hervorgehoben, eine analoge Anwendung der Grund-
sätze über das civilrechtliche Mandatsverhältnis nicht zulässig. Ins-
besondere steht der Gewählte seinen Wählern gegenüber vollkommen
unabhängig und selbständig da. Dies ist auch in der hamburgischen
Verfassung zum Ausdruck gelangt, indem es dort im Art. 33 heißt:
„Kein Mitglied der Bürgerschaft kann hinsichtlich seines Verhaltens in
derselben gültige Verpflichtungen gegen seine Wähler übernehmen;
ebensowenig können einem Mitgliede der Bürgerschaft von seinen
Wählern bindende Vorschriften erteilt werden“. Weiter aber vertritt
auch jedes Mitglied der Bürgerschaft nicht nur seine Wähler, sondern
die gesamte Bevölkerung. Der in die Bürgerschaft Gewählte ist nicht
Bezirks-, Grundeigentümer= oder Notabelnanwalt, sondern er ist Volks-
vertreter, d. h. er hat, einerlei von wem er gewählt worden, alle be-
rechtigten Interessen der Bevölkerung in gleicher Weise zu berücksichtigen.
In der hamburgischen Verfassung ist dies nicht, wie in vielen anderen
Verfassungen:, ausdrücklich hervorgehoben; es versteht sich aber von
selbst, da es sich ohne weiteres aus dem Begriff und Charakter der
Volksvertretung ergiebt.=
2. Die Mitglieder der Bürgerschaft sind verpflichtet, in den
Sitzungen der Bürgerschaft zu erscheinen. In Behinderungsfällen ist
dem Präsidenten schriftlich Anzeige zu machen. Die Beobachtung dieser
Bestimmungen läßt sich jedoch nicht erzwingen; sie ist thatsächlich dem
Pflicht= und Taktgefühl des Einzelnen überlassen. (Vgl. oben S. 127.)
So in der Reichs. und preußischen Verfassung und auch in der von
Lübeck (Art. 26) und Bremen (8 44).
Vgl. H. Schulze, Deutsches Staatsrecht, Bd. 1, S. 457 f. — Den in
den meisten deutschen Staaten üblichen Abgeordneteneid haben die Mitglieder der
Hamburger, wie auch die der Bremer und Lübecker Bürgerschaft nicht zu leisten.
Geschäftsordnung § 26. Vgl. ferner unten S. 168 bei Anm. 4 u. S. 183
Anm. 3, sowie § 106 des Strafgesetzbuchs (s. oben § 38, 3). — In der Bremer
Geschäftsordnung (§ 21) ist bestimmt: „Ein Urlaub von mehr als 6 Wochen ist
von der Bürgerschaft zu bewilligen."
In der alten Geschäftsordnung (von 1859, § 37) hieß es „Eine beharr-
liche Weigerung, die den Mitgliedern der Bürgerschaft obliegenden Verpflichtungen
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