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aber bestimmter festgestelltes und obligatorisch gemachtes vorgängiges
Vermittlungsverfahren vorgesehen. ·
Demgemäß gelten nunmehr die folgenden Bestimmungen:
1. Vermittlungsverfahren. Zeigt sich nach wiederholten
Verhandlungen zwischen Senat und Bürgerschaft eine „beharrliche
Meinungsverschiedenheit“,“ so wird auf den Antrag des einen oder
anderen Teils eine Vermittlungsdeputation niedergesetzt.“ Diese Depu-
tation besteht zu einem Dritteil aus Mitgliedern des Senats und zu
zwei Dritteilen aus Mitgliedern der Bürgerschaft. Die Gesamtzahl
ihrer Mitglieder soll 9 betragen, sofern nicht etwa Senat und Bürger-
schaft sich im einzelnen Falle über eine andere Zahl einigen. Die
Deputation hat über etwaige in ihrer Mitte gestellte Vermittlungs-
vorschläge zu beraten und über das Resultat ihrer Beratungen dem-
nächst zu berichten.“
1 Auch in Braunschweig und Sachsen-Altenburg hat in den erwähnten
Fällen zunächst ein Vermittlungsverfahren einzutreten. (Bezüglich Lübecks und
Bremens f. unten Anm. 4.)
:„ Kommt es zu einer Meinungsverschiedenheit zwischen Senat und Bürger-
schaft darüber, ob eine Verwaltungsbehörde auf Grund von § 26, 1 des Verwaltungs-
gesetzes zum Erlaß einer Polizeiverordnung befugt gewesen (s. unten 8 58), so
ist die betr. Polizeiverordnung auf desfallsigen Beschluß der Bürgerschaft sofort
vorläufig außer Kraft zu setzen. (Verwaltungsgesetz § 26, letzter Absatz.)
2 Zuweilen greift man vorher noch zu dem — in der Verfassung nicht
besonders vorgesehenen — Mittel einer sog. Besprechungskommission, d. h.
einer gewöhnlichen, zur Erörterung der Differenz bestimmten Senats- und Bürger-
schafts-Kommission (s. oben S. 174).
Verf. Art. 70. — Ein ähnliches Verfahren muß in Bremen und Lübeck
— jedoch nur, wenn die Meinungsverschiedenheit zwischen Senat und Bürgerschaft
eine Rechtsfrage betrifft — stattfinden. In Bremen besteht die Vermittlungs-
deputatlon aus 4 Mitgliedern des Senats und 6 Mitgliedern der Bürgerschaft.
(Gesetz, die Erledigung von Meinungsverschiedenheiten zwischen Senat und Bürger-
schaft betr., § 2). In Lübeck besteht die „Vergleichskommission“ aus 3 Mit-
gliedern des Senats und 3 vom Bürgerausschuß gewählten Mitgliedern der
Bürgerschaft. Die Kommission fordert den Senat und die Bürgerschaft auf, eine
Darstellung der Streitfrage (mit Erörterung der rechtlichen Gründe und Gegen-
gründe) einzureichen. Die eingegangenen Schriften werden dann dem andern Teil
zur Beantwortung mitgeteilt. Nach Prüfung der beiderseitigen Darlegungen hat
die Deputation über Vergleichsvorschläge zu beraten; über die Rechtsfrage aber
hat sie sich (wie in Hamburg und Bremen) nicht auszusprechen. (Verf. Art. 74,
Bekanntmachung, die Ausführung des Art. 74 der revidierten Verfassungsurkunde
betreffend von 1851, wieder publiziert als Anhang der Verfassung von 1875.)