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— auch wenn es sich für kompetent erklärt — zunächst noch eines
Eingehens auf die Sache selbst zu enthalten.
Notwendige Voraussetzungen für einen Entscheidungsspruch des
Reichsgerichts sind demnach: 1) wiederholte fruchtlose Verhandlungen
zwischen Senat und Bürgerschaft über die betreffende Streitfrage,
2) ein resultatloses Vermittlungsverfahren (resultatlos, weil entweder
die Vermittlungsdeputation keine Vermittlungsvorschläge gemacht hat,
oder weil ihre Vorschläge nicht von Senat und Bürgerschaft genehmigt
sind), 3) daß es sich bei der Meinungsverschiedenheit um eine Verfas-
sungs-oder Gesetzesinterpretation — also um eine Rechtsfrage — handelt
(Hierüber entscheidet eventuell das Reichsgericht. Ob die Frage eine
dringende oder ob sie eine besonders wichtige ist oder nicht, ist gleich-
gültig.), und 4) daß der Senat oder die Bürgerschaft eine Entscheidung
durch das Reichsgericht verlangt. Eine Zustimmung zu dem letzteren
Verlangen seitens des anderen Teiles ist nicht erforderlich. Die Ent-
scheidung des Reichsgerichts erledigt die Streitfrage definitiv.
3. Entscheidung durch eine Entscheidungsdeputation.
Betrifft eine Meinungsverschiedenheit, bezüglich derer ein Vermittlungs-
verfahren resultatlos geblieben ist, nicht die Auslegung der Verfassung
oder von Gesetzen, und stimmen Senat und Bürgerschaft darin über-
ein, daß die Entscheidung der betreffenden Frage ohne wesentlichen
Nachteil für das Gemeinwesen nicht ausgesetzt werden dürfe, so ist
die Meinungsverschiedenheit durch den Ausspruch einer Entscheidungs-
deputation zu erledigen.5
1 Verf. Art. 76.
* In analoger Weise entscheidet in Lübeck und Bremen über zwischen
Senat und Bürgerschaft streitige Rechtsfragen das Hanseatische Oberlandesgericht in
Hamburg. (Lüb. Verf. Art. 73 und 74, Bremer Verf. § 66, Abs. 2 und Bremer
Gesetz betr. die Erledigung von Meinungsverschiedenheiten zwischen Senat und
Bürgerschaft.) — Zu einer Entscheidung durch das betr. Gericht ist es übrigens in
Hamburg und, wie es scheint, auch in den beiden anderen Städten bisher nicht
gekommen.
s Verf. Art. 71, 2. Handelt es sich dabei um die Prolongation oder
Erneuerung eines nur auf bestimmte Zeit bewilligten Gesetzes, und ist vor Ablauf
dieser Zeit die Einsetzung einer Entscheidungsdeputation beschlossen, so ist das
Gesetz „als bis zu der erfolgenden Entscheidung prolongiert“ anzusehen. — Auch
zur Niedersetzung einer Entscheidungsdeputation ist es bisher in Hamburg nicht
gekommen.