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Daß sich gegen die vorstehend mitgeteilten Bestimmungen über
die Exledigung von Meinungsverschiedenheiten zwischen Senat und
Bürgerschaft mancherlei Bedenken erheben lassen, ist klar. Die even-
tuelle Entscheidung von streitigen Rechtsfragen durch ein höheres oder
höchstes Gericht mag vielleicht in mancher Beziehung nicht unpraktisch
sein; sie kann aber insofern nicht empfehlenswert erscheinen, als sie
für Fälle der fraglichen Art'das Gericht den gesetzgebenden Gewalten
überordnet. Ist, wie nach der hamburgischen Verfassung, die Ent-
scheidung dem Reichsgerichte übertragen, so ist jenes Mißver-
hältnis weniger empfindlich, weil das Reichsgericht ein ganz außer-
halb des hamburgischen Staatslebens stehender Faktor ist. Frrationell
aber ist es gewiß, wenn das Hanseatische Oberlandesgericht zu Hamburg,
welches den Senaten der drei Städte unterstellt ist, in Lübeck und
Bremen die höchste Instanz für Verfassungsfragen bildet.
In den Bestimmungen über die Entscheidungsdeputation ist
ferner dem Lose, oder mit anderen Worten dem Zufall, ein ziemlich
großer Spielraum gewährt. Es mag das die Erledigung der Streit-
fragen unter Umständen erleichtern; doch es ist andererseits, wie schon
oben (S. 64) ausgeführt, nicht unbedenklich, die Entscheidung über
wichtige Dinge von ganz unberechenbaren Umständen abhängig zu
machen. Rationeller als die hamburgischen müssen daher die Lübecker
Bestimmungen erscheinen, denenzufolge die Mitglieder der Entscheidungs-
und der Subdeputation nicht ausgelost, sondern einfach gewählt
werden. Allerdings kann nach ihnen, wenn auch in der Subdepu-
tation dauernd Stimmengleichheit herrscht, das ganze Entscheidungs-
verfahren erfolglos bleiben; doch wird dies meist einer brutalen Durch-
hauung des Knotens mit Hülfe des Loses vorzuziehen sein.