Full text: Das Hamburgische Staatsrecht.

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Diese thatsächliche Entwickelung war ein notwendiges Ergebnis 
der bestehenden Verhältnisse. Die bürgerlichen Deputationsmitglieder 
können, da sie doch in erster Linie ihren Privatgeschäften nachgehen 
müssen, in der Regel nur ein= oder höchstens zweimal in der Woche 
an einer Sitzung teilnehmen. In den Zwischenzeiten aber ereignet sich 
im Betriebe einer großen Verwaltung immer vieles mehr oder weniger 
Wichtiges, das eine promptere Erledigung verlangt. Diese Erledigung 
fällt dann naturgemäß dem präsidierenden Senator zu. Der letztere 
wird durch die Macht zwingender Umstände in die Lage versetzt, selb- 
ständige Beschlüsse zu fassen, die er dann meist, um der Form zu ge- 
nügen, hernach der versammelten Deputation zur Ratihabition vorlegt, 
einer Ratihabition, welche die Deputation wiederum der besonderen 
Umstände wegen in der Regel nicht verweigern darf. 
Ferner aber muß es, auch abgesehen von den dringenden Ge- 
schäften, unmöglich erscheinen, alle Angelegenheiten resp. alle Details 
derselben in der Deputation durchzuberaten und zu entscheiden. 
Vielerlei Dinge von mehr oder weniger Bedeutung werden daher that- 
sächlich, auch wenn sie nicht eilig sind, von dem präsidierenden Senats- 
mitgliede erledigt und nur hernach, um wiederum der Form zu ge- 
nügen, dem Kollegium in der einen oder anderen Form zur Kennt- 
nisnahme oder Ratihabition unterbreitet. 
Demnach besteht jetzt offenbar ein Zwiespalt zwischen der noch 
offiziell aufrecht erhaltenen Theorie, daß alles von dem Kollegium 
der Deputation abhängig sein soll, und der nach Sachlage allein 
möglichen Geschäftspraxis. Dieser Zwiespalt aber wird voraussichtlich 
früher oder später dazu führen müssen, daß man jene Theorie auch 
offiziell aufgiebt und sich zu einer sachgemäßen Teilung der Verwaltungs- 
geschäfte zwischen dem präsidierenden Senatsmitgliede einerseits und dem 
Kollegium der Deputation andererseits entschließt. Solche Teilung 
aber würde dann wohl nicht bei einer Sanktionierung des schon jetzt 
bestehenden thatsächlichen Zustandes stehen bleiben können, sondern noch 
erheblich weiter gehen müssen.? 
Für eine Erörterung der Frage, wie das im einzelnen geschehen 
1 Auch würde zu erwägen sein, ob nicht die eine oder andere der unbe- 
deutenderen Deputationen ganz in Wegfall kommen könnte.
	        
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