Laband dagegen vertritt die auch von anderen geteilte Auf—
fassung, daß die deutschen Fürsten und freien Städte in ihrer
Gesamtheit (also nicht die Fürsten und die Senate der freien Städte)
die Träger oder Inhaber der Reichssouveränetät seien. Bezüglich
der Fürsten fügt er noch erläuternd hinzu: „Die deutschen Fürsten
sind aber nicht für ihre Person, sondern nur als Oberhäupter und
Vertreter ihrer Staaten Mitträger der Reichsgewalt. Wenn ein
deutscher Landesherr abdankt oder sonst in rechtlicher Weise die Ver-
tretung seines Staates verliert, so verliert er zugleich den Anteil an
der Reichsgewalt. Das Deutsche Reich ist kein Fürstenbund, sondern
ein aus den deutschen Staaten gebildeter Staat. Daß nach dem
Eingange der Verfassung die Fürsten den Bund geschlossen haben, ist
ein Einwand, der kaum ernsthaft erhoben werden kann, denn bei Er-
richtung des Norddeutschen Bundes und des Deutschen Reiches handelten
die deutschen Souveräne nicht als Privatpersonen, sondern als Staats-
oberhäupter, und die deutschen Staaten wurden, wie es in Monarchien
nicht anders sein kann, durch ihre Landesherren vertreten.“
Was Laband hier von den Fürsten sagt, gilt aber im wesent-
lichen auch von den Senaten der freien Städte. Wie jene, so sind
auch diese nach ihrem Einzelstaatsrecht die Häupter und die alleinigen
ausgeführt. ebenso im Art. 66 der Reichsverfassung. „Wo nicht besondere
onventionen ein anderes bestimmen, ernennen die Bundesfürsten, be-
ziehentlich die Senate die Offiziere ihrer Kontingente"]. Die Ernennung
und Instruktion der Bevollmächtigten zum Bundesrat, welche die Vertreter der
Mitglieder des Bundes sind (Art. 6 der Reichsverfassung), erfolgt in den freien
Städten lediglich durch die Senate. [Dies beruht aber auf dem Einzelstaatsrecht
der Städtel. Auch Art. 9 der Reichsverfassung betrachtet als im Bundesrate
vertreten die deutschen Regierungen [„Jedes Mitglied des Bundesrats hat das
Recht, im Reichstage — die Ansichten seiner Regierung zu vertreten.“), und ebenso
erfolgt die Eröffnung und der Schluß des Reichstages im Namen der ver-
bündeten Regierungen.“ Vgll. auch G. Meyer, Lehrbuch des Deutschen
Staatsrechts, 8 120. Übereinstimmend mit Meyer F. Thudichum, Die
Verfassung des Deutschen Reichs, im Jahrbuch für Gesetzgebung u. s. w. des
Deutschen Reichs, Bd. 1, S. 21, Anm. 3. Grotefend sagt: „Es ist nicht
genau, als den Träger der Bundes- (Reichs.) gewalt die Gesamtheit der ver-
bündeten Monarchen und Senate zu bezeichnen. Dagegen ist es richtig, bei
der Benennung des Subjektes der Bundes-Regierungsgewalt der Senate der
freien Städte zu erwähnen, weil diese das Organ der Regierungsgewalt der
Republik sind.“ (Das Deutsche Staatsrecht der Gegenwart, 1869, S. 786, Anm. 1.)
1 a. ua. O. S. 89 f.