— 47 —
Was weiter das Vertagungs-, Schließungs= und Auflösungsrecht be-
trifft, so steht dieses dem Senat der Bürgerschaft gegenüber allerdings
nicht zu. Doch braucht zur Erklärung dessen nicht der mehrerwähnte
Art. 6 Abs. 1 der hamburgischen Verfassung herangezogen zu werden.
Auch in anderen republikanischen Staaten nämlich, wie z. B. in der
Schweiz und den Vereinigten Staaten, kann die Volksvertretung, obwohl
man sie nicht zur Mitinhaberin der Souveränetät erhoben, sondern ihr
nur die Ausübung resp. Mitausübung bestimmter Souveränetäts-
rechte übertragen hat, nicht vertagt, geschlossen oder aufgelöst werden.
Ja sogar von einzelnen monarchischen Staaten läßt sich, wenigstens teil-
weise, dasselbe sagen. Ist doch in Norwegen der König nicht befugt,
das Storthing aufzulösen, und kann doch ferner in Schweden der zu
einer ordentlichen Session versammelte Reichstag, wenn die Session
noch nicht 4 Monate gedauert hat, nur auf sein eigenes Ansuchen
geschlossen werden. Auch in Preußen und einigen anderen deutschen
Bundesstaaten ist das Vertagungsrecht der Krone nicht unerheblich
beschränkt.
Andererseits würde es trotz des Art. 6 Abfs. 1 der hamburgischen
Verfassung keineswegs unmöglich gewesen sein, dem Senate die mehr-
erwähnten Rechte und insbesondere ein Auflösungsrecht der Bürger-
schaft gegenüber zu gewähren. Die Bürgerschaft ist im Gegensatz,
zum Senat, dessen Mitglieder auf Lebenszeit gewählt werden, das
stets wechselnde Element im Verfassungsleben. Ihre Mitglieder werden
nur auf eine bestimmte Zahl von Jahren gewählt, und das Recht
derselben, an der Mitinhaberschaft der höchsten Staatsgewalt teilzu-
nehmen, ist somit von vornherein ein zeitlich beschränktes. Weshalb
in Frankreich am zweiten Dienstag im Januar, in Holland am dritten
Montag im September, in Dänemark am ersten Montag im Öktober, in
Schweden am 15. Januar, in Norwegen am ersten Wochentage im Februar.
In Braunschweig steht der Ständeversammlung „kraft althergebrachten Rechts“
in bestimmten Ausnahmefällen ein Selbstversammlungsrecht zu (Neue Landschafts-
ordnung von 1832, § 113)9.
6 1 In Preuß en darf die Vertagung der Kammern ohne Zustimmung der-
selben die Frist von 30 Tagen nicht übersteigen und während derselben Session
nicht wiederholt werden (Verf. Art. 52). Ebenso in Sachsen-Weimar und
Reuß ä. L., und ähnlich in Oldenburg, Braunschweig, Waldeck, Reuß
j. L. und Schaumburg-Lippe.