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5. Verpflichtung zur Annahme der Wahl.
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Eine Eigentümlichkeit des hamburgischen Staatsrechts ist es,
daß der zum Senatsmitgliede Erwählte bei Verlust des Bürgerrechts
verpflichtet ist, die Wahl anzunehmen. Die betreffende Vorschrift,
welche an ähnliche Bestimmungen in einzelnen antiken Republiken
erinnert, stammt aus alter Zeit und galt früher auch in anderen
Reichsstädten. Hamburg übernahm sie anscheinend von Lübeck.: Eine
ähnliche Vorschrift giebt es jetzt weder in Lübeck" noch in Bremen,
sondern wohl nur noch in einzelnen Kantonen der Schweiz (z. B.
Schwyz, Uri, Appenzell).
Die Idee des Amtszwanges ist ersichtlich eine Konsequenz der
antiken Staatsauffassung, derzufolge der einzelne Bürger nur ein Teil
des Ganzen, des Staates, ist, und daher dieser ihm gegenüber als
allmächtig gilt und eventuell rücksichtslos in seine Privatsphäre ein-
greifen kann.s Die moderne Staatsauffassung aber ist eine andere.
Sie geht davon aus, daß zwar der Einzelne sich dem Staate unter-
zuordnen, daß aber auch der Staat die Privatinteressen des Einzelnen
thunlichst zu berücksichtigen habe. Mit Recht hebt daher Bluntschli
hervor: die Freiheit des Individuums, ein Amt anzunehmen oder
auszuschlagen, sei als Regel anzuerkennen, weil kein Staatsbürger als
solcher genötigt werden könne, „dem Staate besondere, ausgezeichnete
Opfer zu bringen.“ Mit gleichem Recht aber spricht sich derselbe
Autor auch gegen den Amtszwang vom rein praktischen Gesichtspunkte
des Staates aus, „weil die Natur eines individuellen geistigen Dienstes
einem direkten Zwange nicht gehorcht, einer mittelbaren Nötigung aber
Westphalen, a. a. O. S. 43. Im Entwurf der Konstituantenverfassung
von 1849 fehlt diese Bestimmung.
In Lübeck ward sie 1875 aufgehoben. Die Verfassung von 1851 ver-
langte noch die Annahme der Wahl bei Verlust des Bürgerrechtes und des
zehnten Teiles des Vermögens.
Bei den Alten dient der Einzelne dem Staate und findet in dessen Wohl
mittelbar auch die Befriedigung seiner Zwecke; bei den Neuen ist der Staat für
alle Einzelnen da, und er findet seinen Ruhm in dem Wohl der Bürger“. (R.
v. Mohl, Encyklopädie der Staatswissenschaften, 2. Aufl. 1872, S. 321).
* Bluntschli, Allgem. Staatslehre, S. 613.
v. Melle, Hamburg. Staatsrecht. 5