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Die Weigerung der Übernahme eines Senatorenamtes zog nach
der alten Verfassung den Verlust der Stadtwohnung nach sich.1 Eine
so weit gehende republikanische Strenge ist jetzt chon nach den Bestimmun=
gen des Reichsgesetzes über die Freizügigkeit nicht mehr möglich. Auch
abgesehen davon aber wäre die Ausweisung in solchem Falle nach
modernen Anschauungen nicht zu rechtfertigen. An Stelle derselben ist
jetzt der „Verlust des Bürgerrechts, sowie der öffentlichen Amter und
Ehrenstellen“ getreten.
Mit dem Bürgerrecht verliert der Betreffende die auf diesem be-
ruhenden politischen Rechte (s. oben 8 11), jedoch nicht die nur eine
Vorbedingung des Bürgerrechts bildende hamburgische Staatsangehörig-
keit.3 Der Verlust der öffentlichen Amter und Ehrenstellen kann sich
natürlich nur auf hamburgische und nicht etwa auch auf Reichsämter
oder -Ehrenstellen und auch nicht auf das Amt eines Mitgliedes des
Hanseatischen Oberlandesgerichts erstrecken.“
Ist der die Wahl in den Senat Ablehnende ein Richter, so wird
der Verlust seines Richteramtes durch eine richterliche Entscheidung aus-
gesprochen werden müssen. Nach § 8 des Gerichtsverfassungsgesetzes
können nämlich Richter wider ihren Willen nur kraft richterlicher Ent-
scheidung dauernd oder zeitweise ihres Amtes enthoben werden.5 Wenn in
1 Eine notwendige Folge des Wegziehens war ferner das „Hierlassen des
Zehnten-Pfennigs.“ Vgl. Westphalen, a. a. O. S. 44.
2 Verf. Art. 9, letzter Absatz. Vor der Verfassungsrevision von 1879
lautete der betreffende Passus: „bei Verlust der staatsbürgerlichen Rechte und des
Rechtes, in Stadt oder Gebiet ein bürgerliches Gewerbe zu betreiben". In dem
im Juni 1871 erstatteten Berichte einer Senats- und Bürgerschaftskommission
betreffend die Verfassungsrevision ward vorgeschlagen, zu bestimmen: „Die
Weigerung der Annahme zieht den Verlust der öffentlichen Amter und Ehren-
stellen und zugleich die Verpflichtung nach sich, während der nächsten 6 Jahre
alljährlich den sechsfachen Betrag seiner Einkommensteuer zu entrichten.“
Die Befugnis zum Gewerbebetriebe ist nach § 13 der Reichsgewerbe-
ordnung von dem Besitz des Bürgerrechts unabhängig.
Der hamburgische Staat kann eben nur Amter nehmen, die er selbst, resp.
die er allein verliehen hat. Was die Mitglieder des Hanseatischen Oberlandes-
gerichts anbetrifft, so sind dieselben gemeinschaftliche Beamte der drei Städte.
* Wolffson (a. a. O. S. 11, Anm. 4) scheint anzunehmen, daß bei einer
Weigerung, das mehrerwähnte Ehrenamt anzunehmen, die Entziehung nicht nur
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