Full text: Die Militär-Vorlage im Deutschen Reichstage.

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haben. Die Quellen davon liegen in dem Zeitraum, in welchem die übel- 
berufene heilige Allianz uns den Frieden erhalten hat. Es wird das Jeder- 
mann unwiderleglich einleuchten, der einen Vergleich zieht zwischen unserer 
heutigen wirthschaftlichen Situation von 1886 und zwischen dem Maße von 
Wohlhabenheit und zivilisatorischer Entwickelung, das in ganz Europa, 
namentlich aber in Deutschland, im Jahre 1816 herrschte. Der Unterschied ist 
ein so ungeheurer, wie er kaum je in früheren Jahrhunderten in einer gleichen 
Epoche stattgefunden hat. Der Fortschritt zum Günstigen, zur Wohlhabenheit 
der Gesammtheit ist ein gewaltiger gewesen. 
Nun, ich weiß nicht, ob es uns gelingen wird, wiederum eine Friedens- 
epoche von derselben Länge, d. h. von mehr als 30 Jahren, herzustellen. 
Unsere Bemühungen dazu sind aufrichtig; vor Allem aber brauchen wir dazu 
ein starkes Heer, ein Heer, das stark genug ist, um unsere eigene Unabhängigkeit 
ohne jeden Bundesgenossen sicher zu stellen. (Sehr richtigl) In Anbetracht 
dieser Wirkung der früheren Freundschaft der drei großen östlichen Höfe haben 
wir nicht blos die Aussöhnung mit unserem früheren Gegner, sondern auch 
die Neubegründung der Freundschaft zwischen den jetzigen Dreikaisermächten 
als unsere Aufgabe betrachtet. Unsere eigenen Beziehungen zu Rußland 
waren dabei nicht schwierig. Unsere Freundschaft mit Rußland hat in der 
Zeit unserer Kriege gar keine Unterbrechung erlitten und ist auch heute über 
jeden Zweifel erhaben. (Hört! hört!) Wir erwarten von Rußland durchaus 
weder einen Angriff, noch eine feindselige Politik. — Wenn ich das so un- 
befangen ausspreche, so kann ich der Vorlage dadurch möglicherweise die 
Stimmen der polnischen Abgeordneten entfremden, die sonst ja doch ganz 
gewiß für die möglichste Stärkung der deutschen Macht gegen russische An- 
griffe stimmen würden, da sie bei einem russischen Siege nichts zu erwarten 
haben. Aber ich muß doch der Wahrheit die Ehre geben und sagen: Alle 
die Motive für die Vorlage, die man aus unseren Beziehungen zu Rußland 
entnommen hat, sind nach meiner politischen Auffassung hinfällig. Wir leben 
mit Rußland in derselben freundschaftlichen Beziehung wie unter dem hoch- 
seligen Kaiser, und diese Beziehung wird unsererseits auf keinen Fall gestört 
werden. Was hätten wir denn für ein Interesse, Händel mit Rußland zu 
suchen? Ich fordere Jeden heraus, mir eins nachzuweisen. Die bloße Rauflust 
kann uns doch unmöglich dazu bringen, mit einem Nachbar, der uns nicht 
angreift, Händel zu suchen. Solchem barbarischen Instinkte sind die deutschen 
Regierungen und die deutschen politischen Auffassungen unzugänglich. Also 
unsererseits wird der Friede mit Rußland nicht gestört werden, und daß man 
uns von russischer Seite angreifen werde, glaube ich nicht. Ich glaube auch 
nicht, daß man von russischer Seite nach Bündnissen sucht, um in Ver- 
bindung mit anderen uns anzugreifen, oder daß man von Schwierigkeiten, 
die wir auf anderer Seite haben könnten, den Gebrauch machen würde, uns 
mit Leichtigkeit anzugreifen. Der Kaiser Alexander III. von Rußland hat 
jederzeit den Muth seiner Meinung gehabt, und wenn er mit Deutschland in 
unfreundliche Beziehungen zu treten beabsichtigte, so ist er der Erste, der dies
	        
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