Full text: Die Militär-Vorlage im Deutschen Reichstage.

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jedesmaligen Abstimmung des Parlamentes in jedem Jahre abhängt, daß die 
Hälfte der Armee entlassen werden kann, daß die Armee reduzirt werden 
kann auf den einjährigen Dienst, auf das, was die Sozialdemokraten noch 
bewilligen — es ist ja auch eine sozialdemokratische Majorität in diesem 
Hause möglich —. Es kann unmöglich der Wille der deutschen Nation sein, 
daß fie auf diese Weise in ihrer Wehrhaftigkeit, in der Sicherheit im eigenen 
Heere abhängig sein soll von den jedes Jahr wechselnden Majoritäten des 
Parlaments. Es liegt das ganz außerhalb der Verfassung, und die ver— 
bündeten Regierungen wünschen zu einem neuen Kompromiß zu gelangen, 
aber zu einem siebenjährigen, zu keinem kürzeren. Wir wollen die Krisen 
und die Gefahr der Konflikte nicht häufen, und wir wollen den Gedanken 
nicht aufkommen lassen, als wären Sie überhaupt berechtigt, einseitig ohne 
die Mitwirkung des Bundesraths und des Kaisers über den Bestand des 
deutschen Heeres zu verfügen. Gegen diesen Gedanken allein würden wir 
schon an die Wähler appelliren, ob dies der Wille des Volkes ist; und die 
verbündeten Regierungen sind ihrerseits entschlossen, mit dem ganzen Gewicht 
ihres Einflusses im Reiche und im Volke für die Aufrechterhaltung der 
Wehrhaftigkeit Deutschlands und des Heeres einzutreten. (Bravol) Von 
Sr. Majestät dem Kaiser werden Sie doch unmöglich erwarten, daß er in 
seinem 90. Lebensjahre nun das Werk desavouirt und zu seiner Zersetzung 
mitwirken will, dem er die letzten 30 Jahre seines Lebens gewidmet hat, 
der Schöpfung des deutschen Heeres und der Schöpfung des Deutschen Reiches. 
Wenn Sie das glauben, wenn Sie irgend durch Ihr Verhalten uns die 
Ueberzeugung geben, daß Sie dahin streben; wenn Sie nicht durch eine 
baldige und vollständige Annahme unserer Vorlage die Sorge der verbündeten 
Regierungen um die Wehrhaftigkeit Deutschlands befriedigen, dann ziehen 
wir es vor, die Unterhandlungen mit einem anderen Reichstage, als den ich 
hier vor mir sehe, mit Aussicht auf mehr Erfolg fortzusetzen, (Bravol) und 
dieser Entschluß liegt in seiner Ausführung sehr viel näher, als Sie annehmen. 
Wir werden uns nicht auf lange Verhandlungen mehr einlassen, sondern die 
Gefahr, in die wir das deutsche Volk durch Verschleppung und Verzögerung 
möglicherweise setzen können — ich sage nicht nothwendigerweise — wird 
uns zwingen, darüber bald eine Gewißheit zu haben oder bald mit anderen 
Leuten zu reden, die uns Gewißheit geben. (Lebhaftes Bravol) 
Nach dieser glänzenden Rede sah sich der Abgeordnete Frhr. 
von Huene veranlaßt, die Kommission gegen einige Vorwürfe, die 
derselbe in den Ausführungen des Reichskanzlers gefunden, in Schutz 
zu nehmen. Fürst von Bismarck erhob sich sofort zu folgender 
Entgegnung: 
Der Herr Referent ist im Irrthum, wenn er annimmt, ich hätte die 
Absicht gehabt, die Kommission anzugreifen und speziell den Herrn Referenten. 
Ich bin dazu um so weniger im Stande gewesen, als es mir nicht möglich 
gewesen ist, den Bericht der Kommission überhaupt bisher kennen zu lernen.
	        
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