Full text: Die Militär-Vorlage im Deutschen Reichstage.

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Sie herunterdrücken ließen auf drei Jahre, und schon aus dem Grunde thun 
wir es unter keinen Umständen. Eine Veränderung des Reichstaatsrechts 
und des Begriffs desselben in der ganzen Nation ist es, wenn die verbündeten 
Regierungen sich auf das einlassen, was die Majorität uns vorschlägt, und 
wenn sie sich zurückziehen von dem, wofür die Vorlage ursprünglich ein- 
getreten ist. 
Der Herr Vorredner hat mir nachher verschiedene Vorwürfe gemacht, 
auf die ich doch noch mit einer Erwiderung eingehen muß. Er hat mir vor- 
geworfen, wie ja öfter, persönliche Anfechtungen, die ich gestern ihm gegen- 
über ausgeübt hätte. Ich habe, soviel ich mich erinnere, gar keine Kritik 
des persönlichen Verhaltens des Herrn Vorredners gestern ausgesprochen; ich 
habe seinen Namen meines Wissens überhaupt immer nur genannt als 
Parteiführer. Das ist auch lediglich ein Bedürfniß sprachlicher Kürze, wenn 
ich „Windthorst“ sage, die Partei Windthorst, so meine ich immer Herrn 
Richter mit (Heiterkeit), und das ganze Heergefolge. Ich kann sie unmöglich 
immer aufzählen, ich weiß sie kaum auswendig, all' die Völkerschaften, die 
hinter Herrn Windthorst marschiren. Also bitte ich, mir die sprachliche Kürze 
zu gestatten, daß ich die gesammte heutige Opposition, die auch zum Theil 
aus dem Centrum besteht, das Centrum im engeren Sinne, die Welfen, die 
Polen, die Elsaß-Lothringer, soweit sie nicht konvertirt find, die Sozial- 
demokraten und die Volkspartei unter dem Namen des Führers der 
Opposition begreife. 
Der Herr Abgeordnete hat vorher gegen die Thatsache protestirt, daß er 
in Verbindung mit den Sozialdemokraten und mit dem Abgeordneten Grillen- 
berger genannt worden ist, und hat gesagt, er verkehre sehr freundschaftlich 
mit diesem Herrn zwar, (Abgeordneter Dr. Windthorst: Das habe ich nicht 
gesagt!), aber er wünschte nicht, immer mit demselben identifizirt zu werden. 
Ich weiß nicht, ich habe ihn so verstanden, als ob er im bürgerlichen Leben 
doch nicht mit ihm einig wäre. (Zuruf.) — In den politischen Grundsätzen, 
richtig, das war es, da ist er nicht einig. In der Theorie mag er nicht 
einig sein, aber in der Praxis gehen sie immer Hand in Hand. Die ganze 
Fraktion Windthorst einschließlich der Sozialdemokraten marschirt in geschlosse- 
ner Kolonne. Die Politik, die der Führer verfolgt, ist eben so, daß die 
Sozialdemokraten sie mit Vergnügen mitmachen können (Heiterkeit); sie ist 
geeignet, das Bestehende zu erschüttern, in Bresche zu legen und in Zweifel 
zu setzen; (Abgeordneter Dr. Windthorst: Ich bitte ums Wortl) und das 
können die Sozialdemokraten immer mitmachen. Es mag geschehen, aus 
welchen Gründen es wolle, Thatsache ist, daß die Sozialdemokraten nie in 
die Lage kommen, anders zu stimmen als wie das Centrum. (Widerspruch 
im Centrnm. Ruf: Ohol) Es muß so lange her sein, daß mir kein Fall 
erinnerlich ist. (Zuruf: Getreidezölle!l) In der polnischen Frage — ich be- 
kümmere mich ja mehr um das Auswärtige als um das Innere — in der 
polnischen Frage, in der bulgarischen Frage waren sie einig, da hätten die 
Sozialdemokraten beinahe sogar die Führung übernommen, aber doch immer
	        
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