Full text: Die Militär-Vorlage im Deutschen Reichstage.

— 49 — 
die Sie dem Anderen unerträglich machen, ihm nachher abzunehmen. (Zuruf 
aus dem Centrum: Wollen noch darüber sprechen!) 
Dann hat der Herr Abgeordnete eine Bürgschaft übernommen, die ich 
doch nicht in meiner amtlichen Stellung acceptiren kann: das ist die Bürg- 
schaft für die Friedensliebe Frankreichs. Er hat offen erklärt, daß die uns 
nicht angreifen werden. Nun, er mag ja die französischen Verhältnisse und 
Neigungen durch die vielen Quellen, die ihm seine katholischen Beziehungen 
geben, vielleicht genauer kennen als ich; aber find diese Quellen auch ihrerseits voll- 
ständig gut unterrichtet, daß sie die Stimmung dort kennen? Ist es nicht vielleicht 
mehr das geistliche und gläubige Frankreich, mit dem er Beziehungen haben kann; 
das amtliche Frankreich, wie es augenblicklich beschaffen ist, ist ja auch friedlich 
gefinnt. Ich habe da mehr mein eigenes Urtheil, ich möchte sagen natur- 
wissenschaftliches und historisches Urtheil über das Naturell der Franzosen. 
Ich glaube, wie ich gestern schon sagte, daß sie uns angreifen, wenn sie ent- 
weder des Sieges sicher zu sein glauben, oder wenn sie finden, daß sie im 
Inlande nicht mehr aus noch ein wissen und versuchen wollen, wenn fie mit 
dem patriotischen Sturm auf das Ausland losgehen, ob das ihnen nicht eine 
stärkere Haltbarkeit ihrer heimischen Zustände wieder verleiht. Es ist ja schon 
mancher Krieg gemacht in der Absicht, die inneren Verhältnisse zu befestigen, 
warum sollten die Franzosen das nicht auch thun? Der Herr Abgeordnete 
Windthorst ist der Meinung, das sei nicht der Fall. Wenn es nun doch ge- 
schieht, was thun wir mit ihm? Sollen wir ihn den Franzofen ausliefern? 
GHeiterkeit.) 
Jedenfalls ist er dann verantwortlich. Er hat dann trotz aller Proteste 
wieder in der Frage, ob die Franzosen gefährliche Gegner für uns wären, 
es besser gewußt als Graf von Moltke; er hat wieder gesagt: sie find vollständig 
ungefährlich. Der Herr ist immer entrüstet, wenn ich ihm sage, er glaube 
die Sache militärisch besser zu verstehen, in welcher ich mir kein Urtheil an- 
maße. Wenn Graf von Moltke mir sagt, wir sind wohl sicher, die Franzosen zu 
schlagen, so bescheide ich mich; wenn er mir aber sagt: es ist doch nützlich, 
wenn wir uns etwas stärker machen, wir können nicht wissen, es ist eine 
ganz ausgezeichnete Armee, hat sich sehr gut im Felde geführt, wir müssen 
unsere Verstärkung im Auge haben, so glaube ich ihm auch, und ich möchte 
gern den Herrn Abgeordneten zu demselben Maße von Bescheidenheit auf 
militärischem Gebiet herunterdrücken, das ich habe. 
Dann hat der Herr Abgeordnete mir vorgeworfen, ich hätte die Karolinen- 
frage einmal für sehr wichtig gehalten, und dann hätte ich fie eine Lumperei 
genannt. Der Herr Abgeordnete verwechselt dabei zwei Dinge, die ja heute 
zusammengehören, die aber damals nach meiner Meinung nicht zusammen- 
gehörten: das find die Karolinen und Spanien. Ich halte die Karolinen 
noch heute für eine Lumperei; das, was wir dort erwarten und erstreben 
konnten, war ein Geschäft von ungefähr, ich glaube mich zu erinnern, 60000 
Mark jährlich. Die deutschen Kaufleute, die da waren, setzten, entweder Einer 
oder Alle zusammen, 60000 Mark oder vielleicht 120000 Mark um; — wieviel 
4
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.