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lichen Attesten gegenseitig vom Ministerium und diplomatischen Agenten zu
versehen und zu vergewissern gegen die unglaubliche und alles Maß über-
steigende Verlogenheit dieser Sorte von Presse. (Sehr richtig! rechts.)
Darauf erfolgte die Antwort am 3 Oktober:
Auf den hohen Erlaß vom 25. v. M. beehre ich mich zu er-
widern, daß ich mich genau im Rahmen meiner Instruktionen
gehalten habe. Irgend welche weitere Anforderungen habe ich der
bulgarischen Regierung nicht gestellt, sondern mich in anderen Fragen
in Uebereinstimmung mit meinem österreichischen Kollegen gänzlich
zurückgehalten.
Beide Regierungen, unsere sowohl wie die österreichische, sind in dieser
Frage ausnahmslos Hand in Hand gegangen.
Die Hinausziehung des Verfahrens ist uns lediglich als
Mittel zum Zweck nützlich erschienen; denn wenn jetzt Verurthei-
lungen zum Tode stattgefunden hätten, so wäre bei der Aufregung
des Offizierkorps für das Weitere nicht zu bürgen gewesen. Zu
Drohungen und zu scharfer Sprache hätte ich, auch wenn ich Auf-
trag dazu gehabt, nicht einmal Gelegenheit gehabt, denn Herr
Karaweloff ging ohne Weiteres auf meine Anregung ein. Dem
Minister des Auswärtigen gegenüber habe ich lediglich mein Ge-
spräch mit Herrn Karaweloff wiederholt. Herr Stambuloff sagte
mir 3 Tage später spontan, daß er von jeher für Amnestirungen
gewesen sei. (Hört, hört! rechts.)
Mit anderen Bulgaren habe ich über die Sache überhaupt nicht
gesprochen.
Gez.: von Thielmann.
Es ist also eine gänzlich aus der Luft gegriffene Erfindung, die als
Unterlage für viele Entstellungen und Verleumdungen der deutschen Regie-
rung benutzt worden ist, die der Abgeordnete Richter zu meinem Bedauern
aus der Presse, in der er sie wahrscheinlich gelesen, reproduzirt hat; ihm
selbst schreibe ich natürlich diese Erfindung nicht zu.
Was dann die Behauptung betrifft, daß die Presse nicht zum Kriege
gegen Rußland gehetzt hätte, — ja, da liegt mir die mir noch widerstrebendere
Aufgabe vor, einige von den Artikeln, die ich Ihnen vorgestern erspart habe,
nun doch als Ueberführungsstücke, als Beweisstücke hier in die Oeffentlichkeit
zu bringen, und ich behalte mir vor, die ganze Serie zu veröffentlichen, die
ich zu Hause habe — dies ist vielleicht der zehnte Theil davon; ich habe
nicht einmal ausgesucht, ich habe die Zeit dazu nicht gehabt, als ich hörte,
daß der Abgeordnete Richter mich en demeure gesetzt habe, auf diese Sache
noch einmal zurückzukommen. Ich habe das mitgenommen, was obenauf lag;
ich bin überzeugt, es findet sich noch viel Prägnanteres.
Also das eine las ich schon vorgestern vor aus dem „Berliner Tageblatt“,
daß fie einen gesunden Krieg einem so krankhaften Frieden vorziehen. Das.
Folgende habe ich noch nicht vorgelesen.