Full text: Staatsrecht, Völkerrecht und Politik. Dritter Band. (3)

Die Volksschule. 103 
angeordnet sind. Was etwa neben den wirklichen Schulfächern hergelıt, 
z. B. an Kenntnissen für besondere Classen der Bevölkerung, an Fertigkeit 
in weiblichen Arbeiten u. dergl., bleibt unberücksichtigt, denn nur um die 
Sicherstellung der von ibın allgemein verlangten Unterrichtszweige hat der 
Staat ein Recht sich zu bekümmern !). 
Sodann Unsittlichkeit, als deren Beispiel und vielleicht sogar be- 
absichtigte Einwirkung den schädlichsten Einfluss auf die Jugend haben 
würde. Freilich kann sich das Gesetz blos an äusserliclh erkennbare und 
gehörig constatirte Beweise einer schlechten Gesinnung halten, da ein sicherer 
Blick in das Innere der Menschen nicht möglich ist; um so mehr muss 
dann aber diese ins Auge gefasst werden. Wer also wegen einer offenbar 
unsittlichen Handlung oder einer unchrenhaften Gesetzwidrigkeit bestraft, 
wegen ungeordneten Lebeuswandels entmündigt ist, oder von seiner Heimath- 
gemeinde, beziehungsweise der dazu nach L.andesgesetz befugten Behörde, 
nur ein ungünstiges Leumundszeugniss beizubringen vermag, ist unbedingt 
auszuschliessen von jeder Lehrerstelle an einer Privatschule. 
Endlich erwiesene oder doch mit höchster Wahrscheinlichkeit anzu- 
nehnıende staatsfeindliche Gesiunung, von welcher daun also auclı 
ein Einfluss in gleicher Richtung auf die Jugend zu besorgen ist. Die 
Schule soll für sämtliche J,ebensbeziehungen vorbereiten; unter diesen ist, 
nach den äusserlichen Verhältnissen wenigstens, das Dasein im Staate Jie 
umfassendste und wichtigste. Von seiner richtigen Auffassung nach Rechten 
und Pflichten hängt das Wohl oder Wehe namentlich des Mannes zum 
grossen Theile ab; eine auf richtige Kenntniss der Vorzüge gestützte Liebe 
der Bevölkerung zum Vaterlande und zu dessen Einrichtungen ist für den 
Staat von dem höchsten \Werthe, vor Allem da, wo selbst die Masse der 
  
ı) Man möchte vielleicht zur Sicherstellung dor intelloctuclien Befählgung der Lehrer an 
Privatschulen auf den Gedanken kommen, von denselben kurzer Hand Ersiohnng In einem 
Schullehbrer-Seminar zu verlangen. Allcin eine genauere Prifung zolgt, dass diess doch nicht 
wohl vorgeschrieben weıden kunn. Schon in Betreff der Stellen an den Öffentlichen Schulen 
Ist es zweifeihaft, ol die Bildung in einem Seminare unbedingt zur Bedingung gomacht 
werden darf und sich der Staat niebt mit olner Prüfung bei solchen Bewerbern begnügen 
soll und kann, weiche in anderer \Weise sich die erforderlichen Kenntnisse erworben haben. 
Dieser Zweifel tritt nun noch welt entschlelener bervor bei den Lehrern an Privatschulen. 
Sodann hätte die Zulassung zu den Staatsserininntien kaum zu überwindende Schwierigkeiten. 
Dieselbe müsste, da eine Widmung zum Lechrerberufe ein ailgemeines Recht Ist, auch von 
Rechtswegeu verlangt werden können, was denn möglicherweise eine schädliche Ueberfüliung 
der bestehenden Beminarien oder elıe sehr kostspiellge Vergrösserung und Vermehrung der- 
selben, zu andern Zeiten vielleicht wieder ein ebenso nachthelliges Ihcliweises Lecrstehen 
sar Folge haben würde. Allerdings bliebe die Errichtung von Privatseminarien; allein 
weder wäre mit Bicherhoit auf solche zu rechnen, noch wären dieseiben wohl un sich 
sehr wünschenswerth. Alle Beaufsichtignng und Vorsicht könnte nicht verhindern, dass in 
einer solchen Privatanstalt ein dem Staate für die Volksschule wenig wünschenswerther 
Geist sich einbürgerte,, ja sogar, dass Seminare gerade in dieser Absicht errichtet würden. 
Können solche nun auch, als ein an und für sich nicht tadeiuswerthes Unternehmen, nicht 
grandsätzlich verboten werden, so sind ale Jeden Falies nicht durch Zwangsmaassregeln 
hervorsurufen.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.