224 Besonderer Teil.
schiedenen Kreisen der Bevölkerung vorhanden seien. Während so allgemein
gehaltene Erwägungen für sich allein nicht für ausreichend anzusehen sind,
um die Befürchtung einer Gefährdung der öffentlichen Sicherheit zu be-
gründen, ist anderseits stets in Betracht gezogen worden, welcher Art die Ver-
anstaltung war, um deren Nichtgenehmigung gestritten wurde; denn es ist
selbstverständlich, daß bei der Abwägung, ob und welche Gefahren voraus-
sichtlich bei der Zulassung einer Veranstaltung eintreten werden, deren
Charakter und Zweck zu berücksichtigen sind
..... Daß auch Gefahren für die Sicherheit des öffentlichen Verkehrs
unter die Gefahren für die öffentliche Sicherheit i. S. des 87 des RVG. fallen,
erscheint nicht zweifelhaft; denn gerade auf den öffentlichen Straßen und
Plätzen dient die Regelung und Aufrechterhaltung des allgemeinen Verkehrs
dem Schutze eines Teiles derjenigen Rechtsgüter, welche unter den Begriff der
öffentlichen Sicherheit zusammengefaßt werden: Leben, Gesundheit und auch
das Eigentum sind der Gefahr ausgesetzt, beschädigt zu werden, sobald der
öffentliche Verkehr sich nicht so abwich- lt, daß Schutz gegen derartige Gefahren
gewährleistet ist. Allerdings muß, um einem Aufzug auf öffentlichen Straßen
aus diesem Grunde die Genehmigung versagen zu können, immer ersichtlich
sein, daß Tatsachen vorliegen, welche die Befürchtung begründen, daß durch
den Aufzug eine wirkliche Gefahr für die Sicherheit des öffentlichen Verkehrs
eintreten werde, während bloße Erschwerungen, vorübergehende Störungen,
eine Herabminderung der leichten Abwickelung des Verkehrs und dergleichen
nicht ausreichen; denn eine gewisse Beeinträchtigung des öffentlichen Verkehrs
tritt stets ein, wenn Menschenmengen als festgefügtes und gegliedertes
Ganzes, also in der Form eines Aufzuges, durch die Straßen gehen. Dieser
Umstand allein hat nach dem Willen des Gesetzgebers die Zulassung öffent-
licher Aufzüge nicht hindern sollen.“ (OVG. 57 S. 327 ff.).
Die Verweigerung der Genehmigung eines öffentlichen
Aufzuges ist nicht auf die Voraussetzungen des § 7 RVG. be-
schränkt:
„vielmehr unterliegt das im übrigen gewährleistete Recht der Versamm-
lungsfreiheit polizeilich allen im Reichsvereinsgesetz oder in anderen Reichs-
gesetzen enthaltenen Beschränkungen (8 1 Abs. 2 a. a. O.). Dazu gehört nicht
nur die Vorschrift in § 1 Abs. 2 des Reichsvereinsgesetzes, sondern es fallen
darunter auch diejenigen des §24 a. a. O. und mit ihr die darin aufrecht
erhaltenen, eine Beschränkung des Versammlungsrechts enthaltenden landes-
gesetzlichen Bestimmungen
Zu derartigen zwingenden Vorschriften gehören die durch das Reichs-
vereinsgesetz ausdrücklich aufrecht erhaltenen Polizeiverordnungen zum Schutze
der Feier der Sonn= und Festtage. Die Polizeibehörden sind an sie gebunden;
das freie Ermessen ist bei ihnen ausgeschlossen. Ausnahmen von ihnen sind
nur insoweit zulässig, als solche in den Verordnungen selbst vorgesehen sind,
und es wird daher durch letztere ein objektives Recht geschaffen, welchem die
Beurteilung einer polizeilichen Verfügung in allen Fällen und auch dann
unterworfen ist, wenn in der Begründung auf die fraglichen Vorschriften zu-
nächst nicht Bezug genommen worden ist.“ (OV. 60 S. 318).
Nach dieser Entscheidung kann die Abhaltung öffentlicher Ver-
sammlungen und Aufzüge an den Sonn= und Feiertagen für die
Zeit vor der Beendigung des vormittägigen Hauptgottesdienstes ver-