122 Bürgerrecht — Bußtage.
event einigen Rathsmitgliedern den Stadtrath. Ueber Befähigung,
Wahl, Bestätigung, Verpflichtung, Verantwortlichkeit 2c. gelten daher die
unter Stadtrath II. aufgeführten Bestimmungen. Im Gebiete der Ge-
meindeverwaltung (s. d.) übt er die ihm in Art. IV § 8 ausdrücklich
verliehenen Befugnisse (Leitung der Gemeindeangelegenheiten, Ausfsicht
über die städtischen Beamten, Verwahrung des Archivs, der Werthseffec-
ten rc.). Die Gemeindevertretung (s. d.) steht ihm ausschließlich zu
(Art. VI § 10). Die orts= und verwaltungsobrigkeitlichen Befugnisse
(s. Ortsobrigkeit) übt der B. in der Hauptfache in dem Umfange und
nach den Vorschriften, die für die Gemeindevorstände gelten.
Bürgerrecht. Innerhalb der Gesammtheit der Gemeindemitglieder (s. d.)
eines Stadtbezirks besteht ein besonderes B., das die Voraussetzung für
Stimmrecht und Wählbarkeit zum Amte eines Stadtrathes und eines
Stadtverordneten bildet, vom Stadtrathe ertheilt wird, durch den Besitz
der sächsischen Staatsangehörigkeit, erreichtes 25. Lebensjahr, Unbeschol-
tenheit, Entrichtung einer directen Staatssteuer von mindestens 3 M
und entweder Ansässigkeit oder mindestens zweijährigen Wohnsitz bedingt
ist, bei dreijähriger Dauer des Wohnsitzes aber Seitens männlicher Per-
sonen, die mindestens 9 “ directe Staatssteuern bezahlen, erworben
werden muß (RStO. §§ 15—24, GO. 8 132). Zur Erwerbung sind
nicht-sächsische Reichsangehörige unter denselben Bedingungen wie Sach-
sen verpflichtet (VO. vom 5. Juli 1867 S. 178 Pct. 4). Active Mi-
litärpersonen sind nur dann dazu verpflichtet, wenn sie im Stadtbezirke
sich ansässig machen oder 3 Jahre wesentlich wohnen und ein stehendes
Gewerbe mit mindestens 9 .4 directer Staatssteuer daselbst betreiben
(—W. von 1875 S. 5). S. auch Bürgergelöbniß.
Bürgerrechtsgeld. Für Erlangung des Bürgerrechts darf, abgesehen von
den bis zur Höhe von 3 —4 zulässigen, für Beamte, Geistliche und Lehrer
jedoch unter gewissen Voraussetzungen ganz wegfallenden, Verwaltungs-
gebühren, und von einem Einkaufsgelde wegen etwa vorhandener nutzbarer
Berechtigungen, eine Gebühr nicht gefordert werden. Die mit Gebühren
zu verschonenden Personen sind auch von Entrichtung von Verlägen befreit
(RStO. 88§ 21, 22, GO. 8§ 13 und MVO. vom 15. October 1874).
Bundesamt für Heimathwesen, s. Unterstützungswohnsitz VIII.
Bundesrath. Von den 58 Stimmen der Bundesglieder führt Sachsen 4
(RVerf. vom 16. April 1871 S. 64 Art. 6).
Bußtage. Die in der evangelisch-lutherischen Kirche Sachsens alljährlich
zu feiernden zwei B. sind auf die Mittwoche vor Oculi und vor dem
letzten Trinitatissonntag festgesetzt worden (Kirchenges. vom 12. April
1893 S. 123). In Bezug auf Feiertagsheiligung enthält Ges. und
A#VO. vom 10. September 1870 S. 313, S. 317 für B. außer den
allgemeinen Vorschriften über die Sonntagsruhe (s. d.) eine Anzahl über
diese hinausgehender Sonderbestimmungen. Concerte und geräuschvolle
Vergnügungen an öffentlichen Orten, ausgenommen Kirchenmusik (s. d.),
ingleichen öffentliche Versammlungen sind unbedingt unzulässig (Ges. 88 7|,
8, AVH. § 10). Die B. und ihre Vorabende gehören zu den kirchlich
und politisch geschlossenen Zeiten (s. d) Die Kirchencollecte (/ d.) am