Confessionelle Treue — Confessionelle Verhältnisse. 131
andrer Bekenntnisse sind an jeder Schule Verzeichnisse zu halten und auf
Grund derselben von den Bezirksschulinspectoren Generaltabellen an das
Cultusministerium einzusenden (Instr. vom 6. November 1874 88 nebst
Formular).
2) Die Fortbildungsschule wird in der Regel ohne Berücksichtigung
des Confessionsverhältnisses eingerichtet (AVO. vom 25. August 1874
S. 155 § 32)).
3) In höheren Unterrichtsanstalten sind Schüler, in deren Bekennt-
niß die betreffende Schulanstalt Religionsunterricht nicht ertheilt, vom
Religionsunterricht zu entbinden, sofern sie das 14. Lebensjahr erfüllt
haben oder nachgewiesen wird, daß für ihren Religionsunterricht gesorgt
ist (AVO. vom 19. Januar 1877 S. 43 Pct. 7).
Confessionelle Treue, über deren Angelöbniß s. Religionseid.
Confessionelle Verhältnisse. A. Das Recht freier Religionsaus-
übung steht nur den im Königreiche aufgenommenen Bekenntnissen
zu (Vu. § 56), jedem Einwohner ist jedoch völlige Gewissenfreiheit ge-
währt (VU. 8§ 32). Aufgenommenen in diesem Sinne sind außer der
evangelisch-lutherischen Landeskirche die römisch-katholische (s. d.), die
deutsch-katholische (s. d.) und die reformirte (s. d.) Kirche. Dagegen
haben die Gottesdienste der griechisch-katholischen (s. d.), der englischen
Kirche (s. d.) und der Israeliten lediglich den Charakter von Privat-
gottesdiensten. Auch zur Abhaltung deutsch= und römisch-katholischen
Gottesdienstes außerhalb des Wohnortes des Predigers ist Genehmigung
des Cultusministeriums nachzusuchen (MVO. vom 20. Mai 1851 und
3. Februar 1859 im Cod. S. 276, S. 453). Vereine und Genossen-
schaften, die einen besonderen religiösen Cultus ausüben wollen, bedürfen
dazu staatlicher Genehmigung. Sie erfolgt durch Bestätigung ihrer
Statuten durch das Cultusministerium und verleiht das Recht, gottes-
dienstliche Zusammenkünfte in dazu bestimmten Räumlichkeiten zu veran-
stalten und sowohl hier als in Privatwohnungen der Mitglieder die ihren
Religionsgrundsätzen entsprechenden Gebräuche auszuüben, auch eigne
Prediger und Religionslehrer anzunehmen (Ges. vom 20. Juni 1870
S. 215 § 21, AVO. vom 20. Juni 1870 S. 121 § 12). Das Recht
der juristischen Persönlichkeit wird durch obige Bestätigung nicht, sondern
nur durch Eintrag in das Genossenschaftsregister erlangt, wozu es der
Genehmigung der Ministerien des Cultus und des Innern bedarf (MV0.
vom 21. September 1871 im Cod. S. 428). Dagegen bedarf die Ab-
haltung religiöser Vorträge unter Beobachtung der Bestimmungen des
Vereinsgesetzes einer besonderen Erlaubniß nicht (MVO. vom 6. Juli
1870 im Cod. S. 429). Ein besonderer religiöser Cultus im obigen
Sinne läßt sich nur bei solchen Vereinen denken, die zu diesem Zwecke
gewisse Religionsgrundsätze und Normen für ihre Religionsausübung an-
genommen haben und nach Maaßgabe derselben ihre Gottesverehrung
einrichten, K. MVO. vom 13. Januar 1871 (a. O.). Secten dieser Art
sind die Methodisten (s. d.) und die separirt evangelisch-lutherischen Ge-
meinden (s. d.). Der Herrnhuter Brüdergemeinde ist freie Religions-
ausübung zugesichert, dagegen sind die freien Gemeinden (s. d.) verboten.
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