Full text: Handbuch des Königlich Sächsischen Verwaltungsrechts.

Disciplinargewalt, Disciplinarstrafen, Disciplinarverfahren. 151 
meindeältesten, soweit es sich um ihren polizeilichen Wirkungskreis han- 
delt und in kleinen Städten, soweit nicht obige Bestimmungen einschla- 
gen, bei grober oder wiederholter Pflichtverletzung sowie bei wahrgenom- 
mener Dienstunfähigkeit durch die Amtshauptmannschaft auf Zeit, nach 
Gehör des Bezirksausschusses aber auch gänzlich vom Amte entfernt 
werden. Die Mitglieder des Gemeinderathes, die ihre Pflicht verletzen, 
können von den Aufsichtsbehörden mit Ordnungsstrafen belegt werden 
(kl. StO. Art. IV § 17, RLGO. 88 801, 95). Die Unterbeamten 
in Städten kl. St O. und Landgemeinden stehen unter unmittelbarer Dis- 
ciplinargewalt des Bürgermeisters bez. Gemeindevorstands (kl. StO. 
Art. IV § 8, RLGO. 8 701). Vor Auferlegung von Ordnungsstrafen 
ist den Angeschuldigten Gelegenheit zu geben, ihre Entschuldigungen vor- 
zubringen (MO. vom 22. Juni 1895 in der Zeitschr. f. V. XVI 
S. 310). 
C. Die Bestimmungen unter A gelten z. Th. auch für Professoren der 
Universität (s. d.) und für Lehrer höherer Unterrichtsanstalten 
(Ges. vom 22. August 1876 S. 317 § 34). 
D. Gegen Volksschullehrer kann abgesehen von den Bestimmungen 
für Schulamtscandidaten und Hülfslehrer (s. d.) im Disciplinarverfahren 
durch das Cultusministerium die Dienstentsetzung und die Dienstentlassung, 
durch die Bezirksschulinspection die Einleitung des Besserungsverfahrens 
(s. d.) und die Suspension (s. d.) versügt werden. Die Dienstentsetzung 
ist zu verfügen, wenn ein Lehrer wegen Verbrechens oder Vergehens n 
Gefängniß über 4 Monate oder zu Zuchthaus verurtheilt worden ist 
(Ges. vom 26. April 1873 S. 350 § 23 Pct. 1, AVO. vom 25. August 
1874 S. 155 §8 48). Die Dienstentlassung muß versügt werden bei 
Aberkennung der bürgerlichen Ehrenrechte (s. d.), sie kann verfügt werden 
wegen Verurtheilung zu Gefängniß von mehr als 1 und nicht über 
4 Monaten oder zu Festungshaft über 1 Monat wegen fleischlicher Ver- 
gehen, wegen vorsätzlicher Verletzung der von Religionslehrern übernom- 
menen Verpflichtungen, wegen unsittlichen oder unwürdigen Betragens, 
endlich infolge vergeblichen Besserungsverfahrens nach Ertheilung des 
2. Vorhaltes. Die Dienstentlassung hat Verlust des Gehalts und Pen- 
sionsanspruches zur Folge, spätere Wiederanstellung ist zulässig (Ges. 
vom 26. April 1873 S. 350 8§ 23 Pct. 2, Pct. 3 Abs. 8 und 10, 
A#VO. vom 25. August 1874 S. 155 §§ 49, 50,.). Von Dienstent- 
setzung, Dienstentlassung und Ertheilung des 2. Vorhalts hat der Be- 
zirksschulinspector die übrigen Bezirksschulinspectoren zu benachrichtigen 
(Instr. vom 6. November 1874 § 2). Die Ansetzung von Gebühren 
bei Verurtheilung ist zulässig und erfolgt nach der Gebührenordnung vom 
24. September 1874, insbesondere nach Ziffer 15 (MVO. vom 26. Juli 
1881 in der Zeitschr. f. V. IV S. 274). In Disciplinaruntersuchungen 
gegen Kirchschullehrer hat Vernehmen mit der Kirchenbehörde einzu- 
treten, wenn es sich nicht lediglich um Verletzung von Schulbestimmun- 
gen handelt (Ges. vom 26. April 1873 S. 350 § 35 Schlußs., MVO. 
vom 10. Juni 1884 in der Zeitschr. f. V. V S. 364). S. auch 
Ortsschulaufsicht.
	        
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