Full text: Handbuch des Königlich Sächsischen Verwaltungsrechts.

224 Geistliche. 
III. Vorgesetzte Behörden und Disciplinarbestimmungen: 
Die Oberaufsicht und Disciplinargewalt über die G. mit Einschluß des 
Rechtes der Suspension, der Entlassung und Entsetzung, ingleichen die 
Beurlaubung (s. d.) auf länger als 4 Wochen gebührt dem Landes- 
consistorium (Kirch-Ges. vom 15. April 1878 S. 373 8 5 Pct. 15—17). 
Ueber die Zuständigkeit der Kircheninspection s. d. Die Superintendenten 
(s. d.) üben das ihnen zustehende Aufsichtsrecht über die G. nach Maaß- 
gabe der VO. vom 13. Juli 1862 S. 298, insbesondere der dort über 
Kirchenvisitationen (s. d.), Predigerconferenzen (s. d.) und Jahresberichte 
(s. d.) getroffenen Bestimmungen. Das Disciplinarverfahren ist geordnet 
durch Disciplinarordnung vom 30. Juli 1891 S. 59. Wegen seiner 
Folgen für die Pensionsfrage und der etwa zu gewährenden Unterstützungen 
(Bustentationsquant) s. Ges. vom 3. Mai 1892 S. 132, insbes. 88 10, 
3, 14. Von Untersuchungseinleitung gegen G., Verhaftungen, Haft- 
entlassungen r2c. sind ihre vorgesetzten Behörden zu benachrichtigen (VO. 
vom 1. Juni 1839 S. 166 Gesch. O. S 698). 
IV. Verhältniß zum Kirchenvorstande. Der Pfarrer ist 1) Mit- 
glied des Kirchenvorstandes. Sind an der Pfarrkirche mehrere con- 
firmirte Geistliche angestellt, so gehören sie sämmtlich dem Kirchenvor- 
stande an (K VO. vom 30. März 1868 S. 204 §F 31, Kirchengesetz vom 
30. October 1896 S. 219 Art. 1 und soweit hierdurch nicht erledigt 
Cod. S. 362, 363). 
2) Den Vorsitz im Kirchenvorstande führt der Pfarrer oder dessen 
Stellvertreter. Während aber die Stellvertretung des Pfarrers als Mit- 
glied des Kirchenvorstandes (s. oben 1) dem Stellvertreter des Pfarrers 
im Pfarramte obliegt, wird der mit dem Vorsitze zu betrauende Stell- 
vertreter vom Kirchenvorstande aus dessen Mitte freigewählt. Der stell- 
vertretende Vorsitzende tritt in allen Behinderungsfällen des Pfarrers in 
den Vorsitz ein. Während der Pfarrer sein Amt selbst verwaltet, kann 
er dem Stellvertreter den Vorsitz dann übertragen, wenn er am Erscheinen 
in der Versammlung verhindert ist oder aus persönlichen Gründen die 
Verhandlung zu leiten Bedenken trägt. Auch bei Vacanz, Krankheit und 
Beurlaubung des Pfarrers hat der gewählte Stellvertreter den Vorsitz 
zu übernehmen, wenn die erledigte Pfarrstelle nicht einem bestimmten G. 
zur einstweiligen Verwaltung ständig übertragen wird. Der Vorsitz bei 
Verhandlungen über kirchliche Bauten darf dem weltlichen Stellvertreter 
nicht übertragen werden; derselbe hat zwar das directorium actorum, 
aber nicht das Recht zur Anberaumung von Sitzungen (KO. 8§ 3,, 
§ 4, MVO. vom 26. Januar und 24. Juni 1869 und 31. August 1871 
im Cod. S. 364). Der Vorsitzende hat entscheidende Stimme und kann 
Beschlüsse, die er bedenklich findet, dem Superintendenten oder der Kirchen- 
inspection anzeigen (KVO. § 28). 
3) In Bezug auf Seelsorge und Verwaltung der Sacra- 
mente sind die G. von dem Kirchenvorstande unabhängig. Sollte in 
dieser Beziehung der Kirchenvorstand Etwas wahrnehmen, was der amt- 
lichen Stellung oder dem Wohl der Gemeinde zuwider ist, so ist er be- 
fugt, Solches in der Sitzung zur Sprache zu bringen, nöthigenfalls aber
	        
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