Full text: Handbuch des Königlich Sächsischen Verwaltungsrechts.

Gemeindemitglieder. 239 
abgegebenen Stimmen, nicht Diejenigen, die sich der Abstimmung ent- 
hielten (MVO. vom 29. Mai 1863 Nr. 208 II 6). Die Oeffentlichkeit 
der Sitzungen kann ortsgesetzlich zur Regel gemacht werden (NLG. 
§ 68)0). Ungesetzlichen Beschlüssen des G. hat der Gemeindevorstand die 
Ausführung zu versagen; dasselbe kann geschehen, wenn er den Beschluß 
für offenbar nachtheilig für das Gemeinwohl hält. In beiden Fällen 
bedarf es der Anzeige an die Amtshauptmannschaft (RLG. 8 71). 
Wenn jedoch der G. die Fassung eines ortsstatutarischen Beschlusses ab- 
lehnt, der eine Abweichung von einer durch die RLGO. ausgesprochenen 
Regel (z. B. von § 3325 festsetzen soll, so fällt dies nicht unter § 71 
(MVO. vom 20. December 1880 in der Zeitschr. f. V. II S. 100). 
Den einzelnen Ausschußpersonen liegt eine Verantwortlichkeit nur inso- 
weit ob, als sie ihre Befugnisse überschreiten, ein Strafgesetz verletzen 
oder wider besseres Wissen in unredlicher Absicht handeln (§ 79,). Aus 
Gründen eines erheblichen öffentlichen Interesses kann der G. vorbehält- 
lich der binnen 3 Monaten zu bewirkenden Neuwahl aufgelöst werden 
(§ 80.). Ir kleineren Gemeinden tritt an Stelle des G. die Gemeinde- 
versammlung (s. d.). 
II. Ueber Wahl und Zusammensetzung des G. handelt RLG. 
88§ 29—63, 101. Darnach besteht der G. aus dem Gemeindevorstande 
(s. d.), einem oder mehreren Gemeindeältesten (s. d.), sowie einer orts- 
gesetzlich, jedoch auf nicht höher als 27 festzustellenden Anzahl von 
Ausschußpersonen. Die Gesammtzahl der letzteren ist auf die verschie- 
denen Gemeindemitgliederclassen unter Berücksichtigung der Zahl der jeder 
Classe angehörigen Mitglieder sowie des Umfanges ihres Grundbesitzes 
oder des Betrages ihrer staatlichen Grundsteuer zu vertheilen. Die Haupt- 
classen der Angesessenen sind nach dem Umfange ihres Grundbesitzes oder 
des Betrages der staatlichen Grundsteuer zu bestimmen. Die Zahl der 
unansässigen Ausschußpersonen soll den vierten Theil der Gesammtzahl 
nicht übersteigen (RLGO. 8 30, VO. vom 9. April 1888 § 107, M. 
von 1888 in der Zeitschr. f. V. IX S. 364). Auch die Unansässigen 
zu diesem Zwecke in Classen zu theilen, ist unzulässig (MVO. vom 
9. März 1882 in der Zeitschr. f. V. III S. 184). Die Wahl von Er- 
satzmännern kann ortsgesetzlich vorgeschrieben werden; sind keine vor- 
handen, so ist zu einer Ergänzungswahl nur dann zu verschreiten, wenn 
die Zahl der Ausschußpersonen unter ¾ sinkt oder eine Classe über die 
Hälfte ihrer Vertreter verliert (§§ 30,, 56, MVO. vom 14. Mai 1881 
in der Zeitschr. f. V. XI S. 251). Stimmberechtigt bei der Wahl sind 
alle staatsangehörigen Gemeindemitglieder (s. d.), die 25 Jahre alt und 
im Gemeindebezirk ansässig oder seit mindestens 2 Jahren wesentlich 
wohnhaft sind, ausgenommen unansässige Frauen, juristische Personen, 
Almosenempfänger, in Concurs Verfallene, der bürgerlichen Ehrenrechte 
(s. d.) verlustig Gegangene 2c. (RLGO. 88 33—36, Ges. vom 24. April 
1886 S. 91). Zu den nicht stimmberechtigten juristischen Personen ge- 
hören auch die Pfarr= und Schullehne; Geistliche und Lehrer sind daher 
nur persönlich (als Unansässige) stimmberechtigt (VO. vom 4. Februar 
und 2. März 1880 im Cons.-B. S. 14 und in der Zeitschr. f. V. 1
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.